Logan: Du bist mein Zuhause
Kapitel Eins
Der atemberaubende Blick auf die Skyline von Houston war das Einzige, was Leah Baron an diesem Nachmittag bei Laune hielt. Das und die Aussicht auf ein Wochenende auf der Ranch ihrer Familie.
Ihre Finger flogen über die Tasten ihres Laptops, ihr Blick wanderte von einem Bildschirm zum anderen. Für den ergonomischen Lederschreibtischstuhl hatte sie ein kleines Vermögen ausgegeben, extra für Tage wie diesen, die einfach nicht enden wollten. Gott sei Dank hatte sie sich in der Highschool durchgesetzt und darauf bestanden, den Kurs für fortgeschrittenes Tippen am Computer statt Chemie zu belegen, sonst würde sie morgen bis zum Sonnenaufgang brauchen und auf die Tasten einhämmern, um diesen verdammten Brief fertigzustellen.
So sehr sie das auch hinter sich bringen musste, bevor sie sich dem restlichen Papierkram auf ihrem Schreibtisch zuwandte, das Summen ihres Handys war eine willkommene Ablenkung. Möglicherweise. Als sie auf das Display blickte, sah sie einen vertrauten Kontakt – ihre kleine Schwester Rachel. Leah wischte über das Display, um zu antworten, Multitasking war für sie ein Kinderspiel.
„Du verpasst den ganzen Spaß!“ Vor Aufregung sprudelten Rachels Worte nur so aus ihr heraus.
Leah seufzte. Spaß war eine Lebenseinstellung in Paradise Ridge. Sie wäre jeden Tag der Woche lieber dort, als hinter einem riesigen Mahagonischreibtisch zu sitzen, auf den die Partner bestanden hatten, als sie ihr das Eckbüro zugeteilt hatten. Andererseits liebte sie die Juristerei, nur nicht den damit verbundenen Papierkram. „Was gibt's?“
„Mitchs neueste Pferdeanschaffung, sein preisgekrönter Zuchthengst, ist aus dem Stall ausgebrochen. Claire hat ihm gesagt, dass die Familie bessere Boxen für einen so temperamentvollen Hengst braucht, aber es sieht so aus, als würden alle ihre Lektion auf die harte Tour lernen wollen. Mack ist unterwegs, um eine Besorgung zu machen, und Craig, Devlin und Porter haben nun zwei Stunden gebraucht, um den Kerl einzufangen. Ich kann nicht sagen, wie lang es gedauert hat, ihn wieder in die Box zu bringen.“
Leah unterdrückte ihr Lachen und schüttelte den Kopf. „Ich nehme an, bei diesem kleinen Ausrutscher ist niemand zu Schaden gekommen?“
„Nur sein Ego.“
Die Barons waren für vieles bekannt, und Sturheit stand ganz oben auf der Liste. Natürlich war das nur eine der Eigenschaften, die in jeder Generation zum Erfolg beitrugen, ganz gleich, welchen Beruf sie gewählt hatten. Obwohl sie Mitch ehrlich gesagt für den vernünftigsten ihrer Geschwister und Cousins hielt, war sie überrascht, dass er nicht auf ihre Schwester Claire hörte, die Tierärztin war. „Sonst noch etwas?“
„Ja, tatsächlich. Mom möchte wissen, wer morgen Abend zur Eröffnung der neuen Ausstellung im Kunstmuseum kommt, die von der Baron-Foundation gesponsert wird. Anscheinend gibt es ein Platzproblem und Grams möchte sicherstellen, dass die Top-Spender einen herausragenden Ehrenplatz bekommen.“
„Heißt das, sie will möglichst viele Barons dabeihaben, die den Spendern das Geld aus der Tasche ziehen?“
„Da bin ich genauso schlau wie du. Aber da ist noch etwas anderes.“
Das verschwörerische Flüstern in der Stimme ihrer Schwester ließ Leah wünschen, sie wäre mit Rachel im selben Raum und nicht am Telefon. „Wird das mein Tag oder werde ich meinen Laptop durch den Raum werfen?“
„Wenn ich recht habe, könnte es dein Jahr werden.“
Diese Anspielung veranlasste sie, die Hände von der Tastatur zu nehmen und sich in dem bequemen Stuhl zurückzulehnen, um gespannt zuzuhören, was ihre Schwester als Nächstes zu sagen hatte. „Ich höre.“
„Weißt du, dass es Gwyneth in den letzten Wochen nicht so gut ging?“
Leah nickte, bevor ihr auffiel, dass ihre Schwester sie nicht sehen konnte. „Ja. Aber sie wurde negativ auf Covid getestet, und selbst wenn ich nicht schon wüsste, dass sie nicht positiv ist, wäre das keine gute Nachricht. Um mein Jahr perfekt zu machen, müsstest du mir etwas viel Interessanteres erzählen, zum Beispiel, dass sie … O mein Gott.“ In ihrem Kopf setzte sich schnell alles zusammen. Abgesehen davon, dass sie sich nicht gut fühlte, trank Gwyneth die ganze Zeit Ingwerlimonade. Leah hatte angenommen, dass sie das tat, weil sie mit einem Virus zu kämpfen hatte, aber jetzt … „Ist sie schwanger?“ Das war eigentlich keine Frage.
„Psst. Jemand könnte dich hören.“
Leah drehte sich tatsächlich um, um zu sehen, wer sie hören konnte, obwohl sie verdammt gut wusste, dass sie die einzige Person in ihrem Büro war und dass diese Wände schalldicht genug waren, um eine Hardrockband proben zu lassen, ohne die anderen Büros zu stören. Trotzdem flüsterte Leah: „Ich habe doch recht, oder?“
Da Rachel eine Weile brauchte, um zu antworten, wusste Leah, dass ihre kleine Schwester entweder nickte oder den Kopf schüttelte. „Entschuldige. Ja. Aber es war nicht für meine Ohren bestimmt, als sie es Grams und dem Gouverneur erzählte. Sie und Mitch wollen es am Wochenende beim Abendessen bekannt geben.“
„Oh, wie aufregend für Mitch! Es überrascht mich überhaupt nicht, dass sie sofort eine Familie gründen wollen. Das ist so cool.« Leah konnte ihre Freude für ihren Cousin kaum zurückhalten. Er war so am Boden zerstört gewesen, als er seine erste Frau verloren hatte, und hatte mehr als einmal erwähnt, wie sehr er es bedauerte, dass sie das Kinderkriegen aufgeschoben hatten, bis seine Karriere ihn nicht mehr so oft von zu Hause fernhielt. Sie starrte auf die Worte auf ihrem Computer und wollte das blöde Ding am liebsten wegschmeißen und sich mit all ihren Geschwistern und Cousins zusammensetzen, um die gute Nachricht zu feiern. „Der Gouverneur muss begeistert sein, dass endlich eine neue Generation von Barons unterwegs ist.“
„Zu begeistert. Er hat Chase und Kyle schon angebellt, weil sie hinterherhinken.“
Leah schüttelte lächelnd den Kopf. Typisch für ihren Großvater, in den Marinemodus zu schalten. „Der Mann versteht doch, dass eine Familie zu haben nicht dasselbe ist, wie eine Pizza zu bestellen, oder?“
„Kyle hat tatsächlich etwas ganz Ähnliches gesagt.« Rachel lachte. „Ich glaube, anstatt den Rest von uns zu beruhigen, wird das die Flammen nur noch weiter anfachen.“
„Ja … großartig.« Sarkasmus rollte über ihre Zunge. „Ich schätze, eine Familie zu gründen, sollte ich auf meiner Wunschliste ein paar Zeilen nach oben verschieben.“
Rachel lachte laut auf. „Tu das. Und lass dir auf keinen Fall das Abendessen am Sonntag entgehen. Das wird ein Riesenspaß.“
„In Ordnung.“ Sie beendete das Gespräch mit ihrer Schwester und starrte auf den Bildschirm. Sie lächelte so breit, dass ihr das Gesicht wehtat. Rachel hatte absolut recht, das war die beste Nachricht, die sie in diesem Jahr bekommen hatte. Sie seufzte und warf einen Blick auf den Notizblock auf ihrem Schreibtisch. Vielleicht war es doch keine so schlechte Idee, eine eigene Familie auf ihre To-do-Liste zu setzen?
* * *
Logan Miller sah auf die Uhr. Der Tag war nicht nur lang, er schien noch länger zu werden, und er fürchtete, hier nie wieder rauszukommen. Das leise Summen der Büroklimaanlage war nur ein schwacher Trost, und das gedämpfte Licht des Computerbildschirms ließ seine Augen müde werden. Auch der begehrte Blick auf die Bucht von San Francisco half nicht, seine Stimmung zu heben.
Während er eine Spam-Mail nach der anderen löschte, erregte eine Betreffzeile seine Aufmerksamkeit: »Wichtige Ankündigung zum Umzug der Firma.« Logans Magen zog sich zusammen, eine beunruhigende Mischung aus Neugier und Angst. Er öffnete die Nachricht und las von der strategischen Entscheidung des Unternehmens, seinen Hauptsitz von Kalifornien nach Texas zu verlegen – Texas. Säure brodelte in seinem Magen. Die Gerüchte über einen großen Umzug aus dem Bundesstaat wurden wahr. Als er das Memo weiterlas, sprach es von finanziellen Vorteilen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer und von einem wirtschaftsfreundlicheren Umfeld, das der Umzug mit sich bringen würde, einschließlich besserer Lebenshaltungskosten, Wohnraum, hervorragender Schulen und natürlich der beliebten Einkommenssteuerfreiheit des Bundesstaates. Mit Gesang und Tanz wäre das ein großartiger Werbespot für eine Umzugsfirma.
Die Worte verschwammen, als Logan den Inhalt sacken ließ. Ein Umzug ans andere Ende des Landes. Sein Leben hatte sich in Kalifornien abgespielt. Er war in der Bay Area geboren und aufgewachsen. All seine Freunde und seine kleine Familie lebten in Nordkalifornien. Nicht, dass er viel Zeit gehabt hätte, sie zu sehen, aber zu wissen, dass er ein Auffangsystem hatte, wenn er sie brauchte oder sie ihn brauchten, gab ihm einen gewissen Trost. Der Gedanke, all das hinter sich zu lassen, war beängstigend.
Sein Blick fiel auf ein Foto auf seinem Schreibtisch. Ein leises Hämmern in seinem Schädel sorgte dafür, dass ein heftiger Kopfschmerz sich ankündigte. Irgendwie musste er diese Entscheidung vielen Menschen erklären, die sehr unglücklich werden würden.
Während Logan versuchte, die lebensverändernde Nachricht und die Folgen, die sie mit sich bringen würde, zu verarbeiten, erschien sein Chef, Mr. Reynolds, in der Tür seines Büros. Der ältere Mann trug ein gezwungenes Lächeln, das seine Augen nicht erreichte.
„Logan, ich brauche Sie im Konferenzraum“, sagte Mr. Reynolds in einem Ton, der eine Mischung aus Förmlichkeit und Widerwillen ausdrückte.
Als Logan den Konferenzraum betrat, war er von angespannten Gesichtern umgeben. Die Luft war schwer vor Erwartung, als Mr. Reynolds mit seiner Präsentation begann und die positiven Aspekte des Umzugs hervorhob – niedrigere Steuern, geringere Lebenshaltungskosten und eine insgesamt verbesserte Rentabilität. Logan versuchte, sich auf die Diagramme und Grafiken zu konzentrieren, aber seine Gedanken schweiften immer wieder zu der Welt ab, die er hinter sich lassen würde.
„Logan, Sie werden Teil der ersten Welle sein, die nach Houston aufbricht“, rief ihn Reynolds in die Gegenwart zurück. „Ihr Flug geht am Montagmorgen. Wir brauchen Sie, um den ersten Übergang zu beaufsichtigen.“
Er nickte und bemühte sich, den Aufruhr seiner Gefühle hinter einer stoischen Fassade zu verbergen. Im Laufe der Besprechung konnte er das Gefühl der Unruhe, das sich in ihm breit machte, nicht abschütteln. Während sein Chef weitersprach, wichen Schock und Angst der Realität, und Panik machte sich breit. Montag war nur noch fünf Tage entfernt. Wer schaffte es schon, ein ganzes Leben in nur fünf Tagen zusammenpacken?
„Natürlich“, fuhr Mr. Reynolds fort, „wird die Firma alle Umzugskosten übernehmen, und Sie erhalten einen saftigen Bonus auf Ihr Umzugspaket.“
Die Idee mit dem Bonus klang gut, aber er war sich nicht sicher, ob das genug war, um ihn dafür zu entschädigen, dass seine ganze Welt aus den Angeln gehoben wurde.
„Wir haben Umzugsunternehmen engagiert, die alles einpacken und nach Houston bringen. Außerdem haben wir einen Umzugsmakler engagiert, der bei der Wohnungssuche hilft. Noch Fragen?“
Nur eine Million, aber keine davon wäre in diesem Rahmen angebracht. Stattdessen schüttelte er den Kopf.
„Wenn Sie weitere Informationen benötigen, wissen Sie ja, wo Sie mich finden.“
Wieder nickte Logan. Nichts davon schien echt zu sein. Er hatte schon genügend Probleme, morgens die richtigen Socken zu finden. Wie sollte er dann einen solchen Umzug bewältigen, Umzugsfirma hin oder her? Ein gesamtes Leben einzupacken, war nur die Spitze des Eisbergs, wenn es darum ging, seine Welt auf den Kopf zu stellen. Aber ob es ihm gefiel oder nicht, er hatte einen guten Job mit einer noch besseren Zukunft. Er konnte es sich einfach nicht leisten, Nein zu sagen und sich nach einem neuen Job umzusehen.
Nein, er musste sich damit abfinden und das Beste daraus machen. Vielleicht wäre Texas ja gar kein so schlechter Ort. Oder?
Der atemberaubende Blick auf die Skyline von Houston war das Einzige, was Leah Baron an diesem Nachmittag bei Laune hielt. Das und die Aussicht auf ein Wochenende auf der Ranch ihrer Familie.
Ihre Finger flogen über die Tasten ihres Laptops, ihr Blick wanderte von einem Bildschirm zum anderen. Für den ergonomischen Lederschreibtischstuhl hatte sie ein kleines Vermögen ausgegeben, extra für Tage wie diesen, die einfach nicht enden wollten. Gott sei Dank hatte sie sich in der Highschool durchgesetzt und darauf bestanden, den Kurs für fortgeschrittenes Tippen am Computer statt Chemie zu belegen, sonst würde sie morgen bis zum Sonnenaufgang brauchen und auf die Tasten einhämmern, um diesen verdammten Brief fertigzustellen.
So sehr sie das auch hinter sich bringen musste, bevor sie sich dem restlichen Papierkram auf ihrem Schreibtisch zuwandte, das Summen ihres Handys war eine willkommene Ablenkung. Möglicherweise. Als sie auf das Display blickte, sah sie einen vertrauten Kontakt – ihre kleine Schwester Rachel. Leah wischte über das Display, um zu antworten, Multitasking war für sie ein Kinderspiel.
„Du verpasst den ganzen Spaß!“ Vor Aufregung sprudelten Rachels Worte nur so aus ihr heraus.
Leah seufzte. Spaß war eine Lebenseinstellung in Paradise Ridge. Sie wäre jeden Tag der Woche lieber dort, als hinter einem riesigen Mahagonischreibtisch zu sitzen, auf den die Partner bestanden hatten, als sie ihr das Eckbüro zugeteilt hatten. Andererseits liebte sie die Juristerei, nur nicht den damit verbundenen Papierkram. „Was gibt's?“
„Mitchs neueste Pferdeanschaffung, sein preisgekrönter Zuchthengst, ist aus dem Stall ausgebrochen. Claire hat ihm gesagt, dass die Familie bessere Boxen für einen so temperamentvollen Hengst braucht, aber es sieht so aus, als würden alle ihre Lektion auf die harte Tour lernen wollen. Mack ist unterwegs, um eine Besorgung zu machen, und Craig, Devlin und Porter haben nun zwei Stunden gebraucht, um den Kerl einzufangen. Ich kann nicht sagen, wie lang es gedauert hat, ihn wieder in die Box zu bringen.“
Leah unterdrückte ihr Lachen und schüttelte den Kopf. „Ich nehme an, bei diesem kleinen Ausrutscher ist niemand zu Schaden gekommen?“
„Nur sein Ego.“
Die Barons waren für vieles bekannt, und Sturheit stand ganz oben auf der Liste. Natürlich war das nur eine der Eigenschaften, die in jeder Generation zum Erfolg beitrugen, ganz gleich, welchen Beruf sie gewählt hatten. Obwohl sie Mitch ehrlich gesagt für den vernünftigsten ihrer Geschwister und Cousins hielt, war sie überrascht, dass er nicht auf ihre Schwester Claire hörte, die Tierärztin war. „Sonst noch etwas?“
„Ja, tatsächlich. Mom möchte wissen, wer morgen Abend zur Eröffnung der neuen Ausstellung im Kunstmuseum kommt, die von der Baron-Foundation gesponsert wird. Anscheinend gibt es ein Platzproblem und Grams möchte sicherstellen, dass die Top-Spender einen herausragenden Ehrenplatz bekommen.“
„Heißt das, sie will möglichst viele Barons dabeihaben, die den Spendern das Geld aus der Tasche ziehen?“
„Da bin ich genauso schlau wie du. Aber da ist noch etwas anderes.“
Das verschwörerische Flüstern in der Stimme ihrer Schwester ließ Leah wünschen, sie wäre mit Rachel im selben Raum und nicht am Telefon. „Wird das mein Tag oder werde ich meinen Laptop durch den Raum werfen?“
„Wenn ich recht habe, könnte es dein Jahr werden.“
Diese Anspielung veranlasste sie, die Hände von der Tastatur zu nehmen und sich in dem bequemen Stuhl zurückzulehnen, um gespannt zuzuhören, was ihre Schwester als Nächstes zu sagen hatte. „Ich höre.“
„Weißt du, dass es Gwyneth in den letzten Wochen nicht so gut ging?“
Leah nickte, bevor ihr auffiel, dass ihre Schwester sie nicht sehen konnte. „Ja. Aber sie wurde negativ auf Covid getestet, und selbst wenn ich nicht schon wüsste, dass sie nicht positiv ist, wäre das keine gute Nachricht. Um mein Jahr perfekt zu machen, müsstest du mir etwas viel Interessanteres erzählen, zum Beispiel, dass sie … O mein Gott.“ In ihrem Kopf setzte sich schnell alles zusammen. Abgesehen davon, dass sie sich nicht gut fühlte, trank Gwyneth die ganze Zeit Ingwerlimonade. Leah hatte angenommen, dass sie das tat, weil sie mit einem Virus zu kämpfen hatte, aber jetzt … „Ist sie schwanger?“ Das war eigentlich keine Frage.
„Psst. Jemand könnte dich hören.“
Leah drehte sich tatsächlich um, um zu sehen, wer sie hören konnte, obwohl sie verdammt gut wusste, dass sie die einzige Person in ihrem Büro war und dass diese Wände schalldicht genug waren, um eine Hardrockband proben zu lassen, ohne die anderen Büros zu stören. Trotzdem flüsterte Leah: „Ich habe doch recht, oder?“
Da Rachel eine Weile brauchte, um zu antworten, wusste Leah, dass ihre kleine Schwester entweder nickte oder den Kopf schüttelte. „Entschuldige. Ja. Aber es war nicht für meine Ohren bestimmt, als sie es Grams und dem Gouverneur erzählte. Sie und Mitch wollen es am Wochenende beim Abendessen bekannt geben.“
„Oh, wie aufregend für Mitch! Es überrascht mich überhaupt nicht, dass sie sofort eine Familie gründen wollen. Das ist so cool.« Leah konnte ihre Freude für ihren Cousin kaum zurückhalten. Er war so am Boden zerstört gewesen, als er seine erste Frau verloren hatte, und hatte mehr als einmal erwähnt, wie sehr er es bedauerte, dass sie das Kinderkriegen aufgeschoben hatten, bis seine Karriere ihn nicht mehr so oft von zu Hause fernhielt. Sie starrte auf die Worte auf ihrem Computer und wollte das blöde Ding am liebsten wegschmeißen und sich mit all ihren Geschwistern und Cousins zusammensetzen, um die gute Nachricht zu feiern. „Der Gouverneur muss begeistert sein, dass endlich eine neue Generation von Barons unterwegs ist.“
„Zu begeistert. Er hat Chase und Kyle schon angebellt, weil sie hinterherhinken.“
Leah schüttelte lächelnd den Kopf. Typisch für ihren Großvater, in den Marinemodus zu schalten. „Der Mann versteht doch, dass eine Familie zu haben nicht dasselbe ist, wie eine Pizza zu bestellen, oder?“
„Kyle hat tatsächlich etwas ganz Ähnliches gesagt.« Rachel lachte. „Ich glaube, anstatt den Rest von uns zu beruhigen, wird das die Flammen nur noch weiter anfachen.“
„Ja … großartig.« Sarkasmus rollte über ihre Zunge. „Ich schätze, eine Familie zu gründen, sollte ich auf meiner Wunschliste ein paar Zeilen nach oben verschieben.“
Rachel lachte laut auf. „Tu das. Und lass dir auf keinen Fall das Abendessen am Sonntag entgehen. Das wird ein Riesenspaß.“
„In Ordnung.“ Sie beendete das Gespräch mit ihrer Schwester und starrte auf den Bildschirm. Sie lächelte so breit, dass ihr das Gesicht wehtat. Rachel hatte absolut recht, das war die beste Nachricht, die sie in diesem Jahr bekommen hatte. Sie seufzte und warf einen Blick auf den Notizblock auf ihrem Schreibtisch. Vielleicht war es doch keine so schlechte Idee, eine eigene Familie auf ihre To-do-Liste zu setzen?
* * *
Logan Miller sah auf die Uhr. Der Tag war nicht nur lang, er schien noch länger zu werden, und er fürchtete, hier nie wieder rauszukommen. Das leise Summen der Büroklimaanlage war nur ein schwacher Trost, und das gedämpfte Licht des Computerbildschirms ließ seine Augen müde werden. Auch der begehrte Blick auf die Bucht von San Francisco half nicht, seine Stimmung zu heben.
Während er eine Spam-Mail nach der anderen löschte, erregte eine Betreffzeile seine Aufmerksamkeit: »Wichtige Ankündigung zum Umzug der Firma.« Logans Magen zog sich zusammen, eine beunruhigende Mischung aus Neugier und Angst. Er öffnete die Nachricht und las von der strategischen Entscheidung des Unternehmens, seinen Hauptsitz von Kalifornien nach Texas zu verlegen – Texas. Säure brodelte in seinem Magen. Die Gerüchte über einen großen Umzug aus dem Bundesstaat wurden wahr. Als er das Memo weiterlas, sprach es von finanziellen Vorteilen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer und von einem wirtschaftsfreundlicheren Umfeld, das der Umzug mit sich bringen würde, einschließlich besserer Lebenshaltungskosten, Wohnraum, hervorragender Schulen und natürlich der beliebten Einkommenssteuerfreiheit des Bundesstaates. Mit Gesang und Tanz wäre das ein großartiger Werbespot für eine Umzugsfirma.
Die Worte verschwammen, als Logan den Inhalt sacken ließ. Ein Umzug ans andere Ende des Landes. Sein Leben hatte sich in Kalifornien abgespielt. Er war in der Bay Area geboren und aufgewachsen. All seine Freunde und seine kleine Familie lebten in Nordkalifornien. Nicht, dass er viel Zeit gehabt hätte, sie zu sehen, aber zu wissen, dass er ein Auffangsystem hatte, wenn er sie brauchte oder sie ihn brauchten, gab ihm einen gewissen Trost. Der Gedanke, all das hinter sich zu lassen, war beängstigend.
Sein Blick fiel auf ein Foto auf seinem Schreibtisch. Ein leises Hämmern in seinem Schädel sorgte dafür, dass ein heftiger Kopfschmerz sich ankündigte. Irgendwie musste er diese Entscheidung vielen Menschen erklären, die sehr unglücklich werden würden.
Während Logan versuchte, die lebensverändernde Nachricht und die Folgen, die sie mit sich bringen würde, zu verarbeiten, erschien sein Chef, Mr. Reynolds, in der Tür seines Büros. Der ältere Mann trug ein gezwungenes Lächeln, das seine Augen nicht erreichte.
„Logan, ich brauche Sie im Konferenzraum“, sagte Mr. Reynolds in einem Ton, der eine Mischung aus Förmlichkeit und Widerwillen ausdrückte.
Als Logan den Konferenzraum betrat, war er von angespannten Gesichtern umgeben. Die Luft war schwer vor Erwartung, als Mr. Reynolds mit seiner Präsentation begann und die positiven Aspekte des Umzugs hervorhob – niedrigere Steuern, geringere Lebenshaltungskosten und eine insgesamt verbesserte Rentabilität. Logan versuchte, sich auf die Diagramme und Grafiken zu konzentrieren, aber seine Gedanken schweiften immer wieder zu der Welt ab, die er hinter sich lassen würde.
„Logan, Sie werden Teil der ersten Welle sein, die nach Houston aufbricht“, rief ihn Reynolds in die Gegenwart zurück. „Ihr Flug geht am Montagmorgen. Wir brauchen Sie, um den ersten Übergang zu beaufsichtigen.“
Er nickte und bemühte sich, den Aufruhr seiner Gefühle hinter einer stoischen Fassade zu verbergen. Im Laufe der Besprechung konnte er das Gefühl der Unruhe, das sich in ihm breit machte, nicht abschütteln. Während sein Chef weitersprach, wichen Schock und Angst der Realität, und Panik machte sich breit. Montag war nur noch fünf Tage entfernt. Wer schaffte es schon, ein ganzes Leben in nur fünf Tagen zusammenpacken?
„Natürlich“, fuhr Mr. Reynolds fort, „wird die Firma alle Umzugskosten übernehmen, und Sie erhalten einen saftigen Bonus auf Ihr Umzugspaket.“
Die Idee mit dem Bonus klang gut, aber er war sich nicht sicher, ob das genug war, um ihn dafür zu entschädigen, dass seine ganze Welt aus den Angeln gehoben wurde.
„Wir haben Umzugsunternehmen engagiert, die alles einpacken und nach Houston bringen. Außerdem haben wir einen Umzugsmakler engagiert, der bei der Wohnungssuche hilft. Noch Fragen?“
Nur eine Million, aber keine davon wäre in diesem Rahmen angebracht. Stattdessen schüttelte er den Kopf.
„Wenn Sie weitere Informationen benötigen, wissen Sie ja, wo Sie mich finden.“
Wieder nickte Logan. Nichts davon schien echt zu sein. Er hatte schon genügend Probleme, morgens die richtigen Socken zu finden. Wie sollte er dann einen solchen Umzug bewältigen, Umzugsfirma hin oder her? Ein gesamtes Leben einzupacken, war nur die Spitze des Eisbergs, wenn es darum ging, seine Welt auf den Kopf zu stellen. Aber ob es ihm gefiel oder nicht, er hatte einen guten Job mit einer noch besseren Zukunft. Er konnte es sich einfach nicht leisten, Nein zu sagen und sich nach einem neuen Job umzusehen.
Nein, er musste sich damit abfinden und das Beste daraus machen. Vielleicht wäre Texas ja gar kein so schlechter Ort. Oder?