Flitterwochen zu dritt
Kapitel 1
Als der Verlobte von Pam Stuart, ehemals Baker, ehemals Amadeo, ehemals – ganz kurz – Harris, geborene Watson, vorschlug, für ihre Hochzeit zu verreisen, hatte sie gewusst, dass dies ihre einzige Chance sein könnte, eine romantische Kreuzfahrt zu unternehmen.
„Was ist hiermit?“ Angie Cannon, Pams Trauzeugin, hielt ein mit Rüschen besetztes knielanges Nachthemd mit Kunstpelzsäumen und zu vielen Stoffschichten hoch.
„Angie, ich bin kein Rockstar. Ich brauche nur etwas, das man leichter ausziehen als anziehen kann. Und das trifft bestimmt nicht auf dieses Teil zu.“ Was Pam wirklich brauchte, war etwas, das sie zehn Jahre jünger wirken ließ, nicht wie eine gealterte Barbie.
Angie zog eine Augenbraue hoch. „Wenn du es so eilig hast, es auszuziehen, verstehe ich nicht, warum du es überhaupt anziehen willst.“
„Du weißt doch, dass Männer einen Jagdinstinkt haben, selbst nachdem man sich das Ja-Wort gegeben hat. Zumindest ein bisschen geheimnisvoll muss man bleiben.“
„Geheimnisvoll, alles klar.“ Angie verdrehte die Augen und hielt ein einfaches transparentes Negligé mit dickerem Stoff an den richtigen Stellen in die Höhe. „Und das hier?“
Pam nickte und lächelte. „Jetzt hast du’s begriffen.“ Sie fügte das Nachthemd dem wachsenden Berg an Kreuzfahrt-Outfits hinzu. Als sie das erste Mal geheiratet hatte, war es aus Liebe gewesen. Oder zumindest war es ihr im zarten Alter von achtzehn so vorgekommen. Jede Hochzeit danach hatte wohl eher aus Hoffnung als aus Liebe stattgefunden, aber sie hatte sich bei jedem Ehemann aufrichtig bemüht. Diesmal war sie schlauer gewesen und hatte alles auf die altmodische Art getan. Statt Feuerwerke und Schmetterlinge zu erwarten, hatte sie sich für Stabilität und Kompatibilität entschieden, und Leos beachtliches Bankkonto würde ihr ein Leben in Sicherheit ermöglichen.
Nicht, dass er kein netter Kerl war. Das war er. Ein sehr netter Kerl sogar. Freundlich, witzig, charmant, gut aussehend und ein ziemlich guter Küsser. Außerdem war es ihr zugute gekommen, dass er überaus wütend auf seine junge Ex-Frau gewesen und auf der Suche nach einer Lebensgefährtin in seinem Alter gewesen war. Pam war zwar nicht so alt wie er, aber sie war auch nicht jung genug, um seine Tochter zu sein. Ihr zukünftiger Ehemann hatte festgestellt, dass es weniger amüsant war, noch mal einen Mittzwanziger zu spielen, als er gedacht hatte. Pam war sich nicht einmal sicher, ob sie ihre Mittzwanziger damals überhaupt amüsant gefunden hatte.
„Ich glaube, das genügt.“ Pam unternahm einen erfolglosen Versuch, ihren Arm mit all der Kleidung zu heben. „Ich kann nicht glauben, dass wir in weniger als einer Woche auf Reisen gehen.“
„Ich wünschte, es wäre schon morgen. Ich bin so bereit für ein wenig Entspannung und Erholung.“ Angie strahlte. „Und vielleicht für ein paar von den Baileys Banana Coladas, von denen Michelle so schwärmt.“
„Das ist die richtige Einstellung.“ Pam lachte angesichts des albernen Grinsens ihrer Freundin. Hätten sich die Heiratspläne ihrer ehemaligen Kollegin Michelle nicht überraschend zerschlagen, hätte sie Angie nie kennengelernt. Nun konnte sich Pam keine bessere Freundin vorstellen. „Und wer weiß, vielleicht lernst du ja auch die Liebe deines Lebens an Bord kennen, so wie Michelle.“
„Keine Chance.“ Angie schüttelte den Kopf. „Ich freue mich, sie und Kirk wiederzusehen. Es ist eine Weile her. Ich wünschte nur, sie würden ihr Baby mitbringen.“
„Ich kann es ihnen nicht verübeln, dass sie die Kleine zu Hause lassen. Ich finde es auch schade, dass Corrie nicht kommen kann; Michelles Schwester ist so schnell erwachsen geworden. Aber babyzusitten und Michelle und Kirk auf Reisen zu schicken, war eine schlaue Idee.“ Pams Handy klingelte. Sie erschrak, als sie die bekannte Ortsvorwahl sah. Es war Jahre her, dass sie mit jemandem aus ihrer Heimat gesprochen hatte. Seit dem Tag, als sie ihren Vater beerdigt hatte, war sie nicht mehr in diesem trostlosen Ort gewesen; damals hatten all die älteren Leute nichts Besseres zu tun gehabt, als vergangene Geschichten aufzuwärmen. Nein. Wer ständig die Vergangenheit wieder aufleben lassen wollte, musste sich eine andere Person dafür suchen. Sie hatte sich genügend Meinungen über ihre schnelle Heirat und die noch schnellere Scheidung anhören müssen, ehe sie Podunk in Georgia verlassen hatte.
„Wer ist es?“
„Keine Ahnung.“ Sie lehnte den Anruf ab, zog scharf die Luft ein und verdrängte die negativen Erinnerungen. Nicht, dass die kurze Ehe fürchterlich gewesen wäre – sie hatte Gil geliebt, und sie war gern Mrs Pamela Harris gewesen, aber der Preis, verheiratet zu bleiben, wäre zu hoch gewesen – für Gil. „Lass uns Halt am Bun Shack machen. Ich habe Heißhunger auf einen Cheeseburger mit Schweizer Käse, Zwiebeln und allem Drum und Dran.“
Wieder klingelte das Telefon, und wieder wurde die gleiche Nummer angezeigt. Was zur Hölle konnte dahinterstecken? „Klingt, als wollte jemand dringend mit dir reden.“
Und Pam war nun neugierig genug, um den Anruf anzunehmen. „Hallo?“
„Pammy? Ist das noch deine Nummer?“
Niemand nannte sie mehr Pammy. „Ja, hier ist Pam.“
„Oh, gut. Hier ist Marjorie Lane. Ich hab deine Nummer noch von damals, als dein Daddy krank war.“
Die alte Dame hatte sich in seinen letzten Monaten liebevoll um ihren Vater gekümmert. Ganz egal, wie sehr die Frau Klatsch liebte, Pam konnte sich nicht dazu bringen, unhöflich zu sein. „Schön, von Ihnen zu hören, Mrs Lane.“
„Pammy, ich weiß, dass es mich nichts angeht, aber es gibt viel Gerede im Ort.“
Lieber Himmel, was war es denn diesmal? Hatten die Leute nach all den Jahren die Gerüchte nicht satt?
„Offenbar hat jemand aus irgendeiner schicken Anwaltskanzlei in Chicago das Bezirksgericht kontaktiert. Eloise Hannigan sagt, sie wollen Akten einsehen.“ Sie machte eine lange Pause, und Pam fragte sich, ob die Verbindung unterbrochen worden war. Oder vielleicht hatte die alte Dame aufgelegt. „Es sind deine Akten, die sie einfordern. Ich hab nicht verraten, dass ich dich vielleicht erreichen könnte, aber ich dachte, ich bin es deinem Daddy schuldig, dich zu informieren. Du weißt schon, der alten Zeiten wegen. Nur zur Vorsicht. Aber worum es auch immer gehen mag, wenn Anwälte involviert sind, kann es nichts Gutes bedeuten.“
„Danke, Mrs Lane. Ich weiß Ihren Anruf sehr zu schätzen, aber es ist wahrscheinlich nur ein Betrugsversuch. Irgendein Prinz will mir sein Vermögen vererben.“
„Nun, der gleiche …“
„Ich bin mir sicher, es steckt nichts dahinter.“ Pam rief sich in Erinnerung, dass die alte Dame die einzige Freundin gewesen war, die ihr Vater seit dem Tod ihrer Mutter gehabt hatte. „Vielen Dank noch mal.“
„Jetzt, wo ich weiß, dass du noch die gleiche Nummer hast, melde ich mich einfach wieder, falls ich noch was höre. Pass auf dich auf, Liebes.“
Ehe Pam noch einmal wiederholen konnte, dass es keinen Grund zur Sorge gab, hatte die alte Dame aufgelegt und sie mit einem unbehaglichen Gefühl zurückgelassen. Das Letzte, was sie jetzt – so kurz vor ihrer Hochzeit – gebrauchen konnte, war, dass ihre Vergangenheit sie einholte.
***
Für Gil Harris gab es eine Menge guter Gründe zu heiraten. Dinge, auf die er sich freute. Doch diese Höhle voller mürrisch dreinblickender Anwälte am heutigen Morgen gehörte nicht dazu.
„Es scheint eine kleine Unstimmigkeit in den aktuellen Akten zu geben.“
Das letzte Mal, als die Anwälte etwas Kleines erwähnt hatten, waren Aktenberge und stundenlange Klärungsgespräche gefolgt. Nicht zwischen ihm und Karen, denn sie hatten kein Problem mit den Vereinbarungen. Bei Karens Vater sah das Ganze schon anders aus. Der Mann hatte Gil Stapel aus Unterlagen vorgelegt, die er knapp einen Monat vor der Hochzeit unterschreiben sollte. Der heutige Ehevertrag sollte die letzte Hürde sein.
Er zählte bis zehn, ehe er die unumgängliche Frage stellte. „Welche Unstimmigkeit?“
„Ihr Familienstand.“
„Was soll damit sein? Ich bin ledig.“
„Nein.“ Der leitende Anwalt in dem dunkelblauen Anzug mit der roten Krawatte schüttelte den Kopf.
„Okay, ich bin geschieden. Das kommt aufs Gleiche hinaus.“
Diesmal schüttelten alle drei Anwälte den Kopf. Das unbehagliche Gefühl in seiner Magengrube sagte ihm, dass es kein Scherz war.
„Wie es scheint“, sagte der Anwalt auf der linken Seite und schob ihm ein Blatt zu, „ist es nicht so, wie sie angegeben haben.“
Gil betrachtete das Blatt vor ihm. Eine Kopie der Heiratsurkunde mit Pam. Sie waren nur wenige Wochen verheiratet gewesen, als sie die Scheidung eingereicht hatten. Als er aufblickte, wurde ihm noch ein Blatt zugeschoben. Die Scheidungspapiere, die er widerwillig unterzeichnet hatte und die er Karens Anwalt zusammen mit seinen Kontoauszügen, Steuererklärungen und seiner Blutgruppe gegeben hatte. „Was geht hier vor sich?“
„Die Scheidungspapiere wurden nur von einer Person unterschrieben.“
„Das liegt daran, dass es meine Kopie ist. Die Kopie, die bei den Behörden eingereicht wurde, sollte auch Pams Unterschrift enthalten.“ Gil widerstand dem Drang, die Augen zu verdrehen. Er hatte keine Zeit für so was. „Meine Herren, geben Sie mir einfach den aktuellsten Entwurf des Ehevertrags, damit Karen und ich endlich heiraten können.“
„Das ist ja das Problem. Kein Bezirk in ganz Georgia hat Unterlagen, die Ihre Scheidung belegen. Sie können Karen nicht heiraten.“ Alle drei Männer schüttelten die Köpfe, und Gil drehte sich der Magen um. „Ob es Ihnen gefällt oder nicht, Sie und Pamela Watson sind immer noch verheiratet.“
Als der Verlobte von Pam Stuart, ehemals Baker, ehemals Amadeo, ehemals – ganz kurz – Harris, geborene Watson, vorschlug, für ihre Hochzeit zu verreisen, hatte sie gewusst, dass dies ihre einzige Chance sein könnte, eine romantische Kreuzfahrt zu unternehmen.
„Was ist hiermit?“ Angie Cannon, Pams Trauzeugin, hielt ein mit Rüschen besetztes knielanges Nachthemd mit Kunstpelzsäumen und zu vielen Stoffschichten hoch.
„Angie, ich bin kein Rockstar. Ich brauche nur etwas, das man leichter ausziehen als anziehen kann. Und das trifft bestimmt nicht auf dieses Teil zu.“ Was Pam wirklich brauchte, war etwas, das sie zehn Jahre jünger wirken ließ, nicht wie eine gealterte Barbie.
Angie zog eine Augenbraue hoch. „Wenn du es so eilig hast, es auszuziehen, verstehe ich nicht, warum du es überhaupt anziehen willst.“
„Du weißt doch, dass Männer einen Jagdinstinkt haben, selbst nachdem man sich das Ja-Wort gegeben hat. Zumindest ein bisschen geheimnisvoll muss man bleiben.“
„Geheimnisvoll, alles klar.“ Angie verdrehte die Augen und hielt ein einfaches transparentes Negligé mit dickerem Stoff an den richtigen Stellen in die Höhe. „Und das hier?“
Pam nickte und lächelte. „Jetzt hast du’s begriffen.“ Sie fügte das Nachthemd dem wachsenden Berg an Kreuzfahrt-Outfits hinzu. Als sie das erste Mal geheiratet hatte, war es aus Liebe gewesen. Oder zumindest war es ihr im zarten Alter von achtzehn so vorgekommen. Jede Hochzeit danach hatte wohl eher aus Hoffnung als aus Liebe stattgefunden, aber sie hatte sich bei jedem Ehemann aufrichtig bemüht. Diesmal war sie schlauer gewesen und hatte alles auf die altmodische Art getan. Statt Feuerwerke und Schmetterlinge zu erwarten, hatte sie sich für Stabilität und Kompatibilität entschieden, und Leos beachtliches Bankkonto würde ihr ein Leben in Sicherheit ermöglichen.
Nicht, dass er kein netter Kerl war. Das war er. Ein sehr netter Kerl sogar. Freundlich, witzig, charmant, gut aussehend und ein ziemlich guter Küsser. Außerdem war es ihr zugute gekommen, dass er überaus wütend auf seine junge Ex-Frau gewesen und auf der Suche nach einer Lebensgefährtin in seinem Alter gewesen war. Pam war zwar nicht so alt wie er, aber sie war auch nicht jung genug, um seine Tochter zu sein. Ihr zukünftiger Ehemann hatte festgestellt, dass es weniger amüsant war, noch mal einen Mittzwanziger zu spielen, als er gedacht hatte. Pam war sich nicht einmal sicher, ob sie ihre Mittzwanziger damals überhaupt amüsant gefunden hatte.
„Ich glaube, das genügt.“ Pam unternahm einen erfolglosen Versuch, ihren Arm mit all der Kleidung zu heben. „Ich kann nicht glauben, dass wir in weniger als einer Woche auf Reisen gehen.“
„Ich wünschte, es wäre schon morgen. Ich bin so bereit für ein wenig Entspannung und Erholung.“ Angie strahlte. „Und vielleicht für ein paar von den Baileys Banana Coladas, von denen Michelle so schwärmt.“
„Das ist die richtige Einstellung.“ Pam lachte angesichts des albernen Grinsens ihrer Freundin. Hätten sich die Heiratspläne ihrer ehemaligen Kollegin Michelle nicht überraschend zerschlagen, hätte sie Angie nie kennengelernt. Nun konnte sich Pam keine bessere Freundin vorstellen. „Und wer weiß, vielleicht lernst du ja auch die Liebe deines Lebens an Bord kennen, so wie Michelle.“
„Keine Chance.“ Angie schüttelte den Kopf. „Ich freue mich, sie und Kirk wiederzusehen. Es ist eine Weile her. Ich wünschte nur, sie würden ihr Baby mitbringen.“
„Ich kann es ihnen nicht verübeln, dass sie die Kleine zu Hause lassen. Ich finde es auch schade, dass Corrie nicht kommen kann; Michelles Schwester ist so schnell erwachsen geworden. Aber babyzusitten und Michelle und Kirk auf Reisen zu schicken, war eine schlaue Idee.“ Pams Handy klingelte. Sie erschrak, als sie die bekannte Ortsvorwahl sah. Es war Jahre her, dass sie mit jemandem aus ihrer Heimat gesprochen hatte. Seit dem Tag, als sie ihren Vater beerdigt hatte, war sie nicht mehr in diesem trostlosen Ort gewesen; damals hatten all die älteren Leute nichts Besseres zu tun gehabt, als vergangene Geschichten aufzuwärmen. Nein. Wer ständig die Vergangenheit wieder aufleben lassen wollte, musste sich eine andere Person dafür suchen. Sie hatte sich genügend Meinungen über ihre schnelle Heirat und die noch schnellere Scheidung anhören müssen, ehe sie Podunk in Georgia verlassen hatte.
„Wer ist es?“
„Keine Ahnung.“ Sie lehnte den Anruf ab, zog scharf die Luft ein und verdrängte die negativen Erinnerungen. Nicht, dass die kurze Ehe fürchterlich gewesen wäre – sie hatte Gil geliebt, und sie war gern Mrs Pamela Harris gewesen, aber der Preis, verheiratet zu bleiben, wäre zu hoch gewesen – für Gil. „Lass uns Halt am Bun Shack machen. Ich habe Heißhunger auf einen Cheeseburger mit Schweizer Käse, Zwiebeln und allem Drum und Dran.“
Wieder klingelte das Telefon, und wieder wurde die gleiche Nummer angezeigt. Was zur Hölle konnte dahinterstecken? „Klingt, als wollte jemand dringend mit dir reden.“
Und Pam war nun neugierig genug, um den Anruf anzunehmen. „Hallo?“
„Pammy? Ist das noch deine Nummer?“
Niemand nannte sie mehr Pammy. „Ja, hier ist Pam.“
„Oh, gut. Hier ist Marjorie Lane. Ich hab deine Nummer noch von damals, als dein Daddy krank war.“
Die alte Dame hatte sich in seinen letzten Monaten liebevoll um ihren Vater gekümmert. Ganz egal, wie sehr die Frau Klatsch liebte, Pam konnte sich nicht dazu bringen, unhöflich zu sein. „Schön, von Ihnen zu hören, Mrs Lane.“
„Pammy, ich weiß, dass es mich nichts angeht, aber es gibt viel Gerede im Ort.“
Lieber Himmel, was war es denn diesmal? Hatten die Leute nach all den Jahren die Gerüchte nicht satt?
„Offenbar hat jemand aus irgendeiner schicken Anwaltskanzlei in Chicago das Bezirksgericht kontaktiert. Eloise Hannigan sagt, sie wollen Akten einsehen.“ Sie machte eine lange Pause, und Pam fragte sich, ob die Verbindung unterbrochen worden war. Oder vielleicht hatte die alte Dame aufgelegt. „Es sind deine Akten, die sie einfordern. Ich hab nicht verraten, dass ich dich vielleicht erreichen könnte, aber ich dachte, ich bin es deinem Daddy schuldig, dich zu informieren. Du weißt schon, der alten Zeiten wegen. Nur zur Vorsicht. Aber worum es auch immer gehen mag, wenn Anwälte involviert sind, kann es nichts Gutes bedeuten.“
„Danke, Mrs Lane. Ich weiß Ihren Anruf sehr zu schätzen, aber es ist wahrscheinlich nur ein Betrugsversuch. Irgendein Prinz will mir sein Vermögen vererben.“
„Nun, der gleiche …“
„Ich bin mir sicher, es steckt nichts dahinter.“ Pam rief sich in Erinnerung, dass die alte Dame die einzige Freundin gewesen war, die ihr Vater seit dem Tod ihrer Mutter gehabt hatte. „Vielen Dank noch mal.“
„Jetzt, wo ich weiß, dass du noch die gleiche Nummer hast, melde ich mich einfach wieder, falls ich noch was höre. Pass auf dich auf, Liebes.“
Ehe Pam noch einmal wiederholen konnte, dass es keinen Grund zur Sorge gab, hatte die alte Dame aufgelegt und sie mit einem unbehaglichen Gefühl zurückgelassen. Das Letzte, was sie jetzt – so kurz vor ihrer Hochzeit – gebrauchen konnte, war, dass ihre Vergangenheit sie einholte.
***
Für Gil Harris gab es eine Menge guter Gründe zu heiraten. Dinge, auf die er sich freute. Doch diese Höhle voller mürrisch dreinblickender Anwälte am heutigen Morgen gehörte nicht dazu.
„Es scheint eine kleine Unstimmigkeit in den aktuellen Akten zu geben.“
Das letzte Mal, als die Anwälte etwas Kleines erwähnt hatten, waren Aktenberge und stundenlange Klärungsgespräche gefolgt. Nicht zwischen ihm und Karen, denn sie hatten kein Problem mit den Vereinbarungen. Bei Karens Vater sah das Ganze schon anders aus. Der Mann hatte Gil Stapel aus Unterlagen vorgelegt, die er knapp einen Monat vor der Hochzeit unterschreiben sollte. Der heutige Ehevertrag sollte die letzte Hürde sein.
Er zählte bis zehn, ehe er die unumgängliche Frage stellte. „Welche Unstimmigkeit?“
„Ihr Familienstand.“
„Was soll damit sein? Ich bin ledig.“
„Nein.“ Der leitende Anwalt in dem dunkelblauen Anzug mit der roten Krawatte schüttelte den Kopf.
„Okay, ich bin geschieden. Das kommt aufs Gleiche hinaus.“
Diesmal schüttelten alle drei Anwälte den Kopf. Das unbehagliche Gefühl in seiner Magengrube sagte ihm, dass es kein Scherz war.
„Wie es scheint“, sagte der Anwalt auf der linken Seite und schob ihm ein Blatt zu, „ist es nicht so, wie sie angegeben haben.“
Gil betrachtete das Blatt vor ihm. Eine Kopie der Heiratsurkunde mit Pam. Sie waren nur wenige Wochen verheiratet gewesen, als sie die Scheidung eingereicht hatten. Als er aufblickte, wurde ihm noch ein Blatt zugeschoben. Die Scheidungspapiere, die er widerwillig unterzeichnet hatte und die er Karens Anwalt zusammen mit seinen Kontoauszügen, Steuererklärungen und seiner Blutgruppe gegeben hatte. „Was geht hier vor sich?“
„Die Scheidungspapiere wurden nur von einer Person unterschrieben.“
„Das liegt daran, dass es meine Kopie ist. Die Kopie, die bei den Behörden eingereicht wurde, sollte auch Pams Unterschrift enthalten.“ Gil widerstand dem Drang, die Augen zu verdrehen. Er hatte keine Zeit für so was. „Meine Herren, geben Sie mir einfach den aktuellsten Entwurf des Ehevertrags, damit Karen und ich endlich heiraten können.“
„Das ist ja das Problem. Kein Bezirk in ganz Georgia hat Unterlagen, die Ihre Scheidung belegen. Sie können Karen nicht heiraten.“ Alle drei Männer schüttelten die Köpfe, und Gil drehte sich der Magen um. „Ob es Ihnen gefällt oder nicht, Sie und Pamela Watson sind immer noch verheiratet.“