Jamisons köstliche Versuchung
Kapitel Eins
Timing war alles, und jetzt war die Zeit gekommen.
Bröckelnder Putz, Staub, Schimmel und abgestandene Luft vermischten sich und erzeugten den süßesten Geruch auf der Welt. Jamison Farraday umklammerte die Schlüssel zu dem alten Gebäude – einem Etablissement, das ganz ihm gehörte. Nun, nicht ganz ihm, aber er würde der Manager sein. Das Konzept, die Vorarbeit, die Pläne, das alles war von ihm. Genährt durch jahrelanges Beobachten, Lernen, Arbeiten und Sparen. Finanziert von einem der erfolgreichsten Konglomerate in der Bar- und Nachtclubbranche.
„Bist du dir hierbei ganz sicher?“ Ian, sein Bruder, und D.J., sein Cousin, schlugen sich mit den Armen durch Vorhänge aus Spinnweben und bahnten sich ihren Weg durch das verlassene Geschäft.
„Ich war mir in meinem ganzen Leben noch bei nichts so sicher wie bei dieser Sache.“
Ian lächelte seinen älteren Bruder an. „Wenn ich dich nicht besser kennen würde, hätte ich gesagt, dass du den Verstand verloren hast, aber ich schätze, das wird nicht das letzte Mal sein, dass du uns kurzsichtigen Sterblichen das Gegenteil beweist.“
Die Unterstützung seiner Familie zu haben, war wahrscheinlich der beste Grund, warum er es gewagt hatte zu träumen, Risiken einzugehen und sich bei jedem Job in der Branche den Hintern aufzureißen, bis er sicher war, dass er seinen großen Traum verwirklichen konnte. Ein familiäres Irish Pub.
„Du weißt, dass Mabel Berkner bereits eine Petition startet, um gegen den Entscheid zur Ausgabe von Schanklizenzen in diesem County Berufung einzulegen.“ D.J. wischte sich den Staub von den Händen. „Nicht, dass sie damit sehr weit kommen wird, aber sie ist nicht die Einzige in der Stadt, die sich dagegen sträubt.“
„Ich habe mit ein wenig Kritik gerechnet, aber bis wir hiermit fertig sind und eröffnen können, werden sich alle wieder beruhigt haben und ihrer normalen Arbeit nachgehen, falls die Kriminalitätsrate nicht wegen unseres“, Jamison legte einen starken Südstatten-Akzent auf, „üblen Einflusses über Nacht in die Höhe schießt.“
„Also, wie genau sehen deine Pläne?“ D.J. ging umher und betrachtete die freigelegten Dachsparren.
„Der Architekt, den wir für das Projekt ausgewählt haben, bringt gerade die letzten Änderungen zu Papier. Die endgültigen Pläne sollten jetzt jeden Tag fertig sein. Wenn alle Genehmigungen vorliegen, werden die Geldgeber nach der Absichtserklärung den nächsten Schritt einleiten und den endgültigen Vertrag mit Mr. Thomas unterschreiben. Dann dauert es nur noch ein paar Wochen, bis alles notariell beglaubigt wird. Ich kann es kaum erwarten, bis die Baufirma kommt. Alles reinigt und wiederaufbaut.“
„Ich kann es schon sehen.“ Ian blieb stehen, sah sich um und nickte. „Das kann ich wirklich. Rustikale Kiefernwände?“
Jamie nickte.
„Tanzfläche?“, fragte D.J..
Wieder nickte Jamie. Sein Lächeln zog sich weiter seine Wangen hinauf. Er hatte alles ausgearbeitet. Einschließlich einer Aufstellung der besten Craft-Biere in Texas. Ein Unternehmen, das kurz vor der Expansion stand, sprach sogar davon, hier, weg von der überfüllten Stadt, eine Brauerei zu eröffnen.
Ians Mundwinkel wölbten sich nach oben und legten die Grübchen frei, von denen alle Mädchen immer schwärmten. „Irische Musik?“
„Oh ja.“ Jamie grinste seinen Bruder an.
D.J. kicherte. „Wenn Onkel Brian dann nicht jedes Wochenende hier auftaucht und mit Dad singt, ist Saint Patrick kein Ire.“
„Ich zähle darauf, dass mehr Leute so denken.“ Jamison klopfte seinem Cousin auf den Rücken. „Ich wünschte, das ganze rechtliche Zeug wäre schon erledigt. Mir juckt es schon seit Monaten in den Fingern, mit der Arbeit zu beginnen, und jetzt ist alles so nah.“
„Konzept, Design und jetzt die Bauarbeiten, bevor sich die Türen überhaupt öffnen. Klingt, als würdest du bei diesem Projekt eine Menge Funktionen ausüben.“ Adam Farraday trat über die Schwelle. „Auf dem Weg zurück in die Klinik habe ich gesehen, dass die Tür offensteht. Schmeißt ihr ohne mich eine Party?“
„Daran würde ich nicht einmal denken“, antwortete Jamie und warf einen Blick auf die Versandhülse im Arm seines Cousins. „Was ist das?“
„Oh, Maggie von der Post hat mich gebeten, dir das zu geben.“
„Die Pläne.“ Jamie konnte die Verpackung nicht schnell genug öffnen.
Adam stand Schulter an Schulter neben seinem Bruder. „Für das Lokal?“
„Ja.“ Jamie hockte sich auf den Boden und entrollte die Pläne.
Sein Bruder schwebte hinter ihm. „Warum haben sie sie nicht einfach per E-Mail geschickt?“
„Ich weiß nicht.“ Jamie studierte die architektonische Darstellung. „Seltsam.“
„Du blickst so finster drein.“ Ian kam näher. „Was ist los?“
Jamie schüttelte den Kopf. Er musste sich die falschen Pläne ansehen. Er drehte die Zeichnung, um die Vorderseite des Ladens mit der Oberseite der Pläne auszurichten. Er irrte sich nicht. Nichts war so angelegt, wie es der Planungsausschuss und der Architekt ursprünglich besprochen hatten und wie er und die Geldgeber es vereinbart hatten. „Das sieht nicht einmal wie ein Pub aus.“ Er zeigte auf den hinteren Teil der Zeichnung. „Da sollte die Tanzfläche sein.“
„Ich bin kein Architekt“, D.J. beugte sich weiter vor, „aber es scheint in dieser Zeitung nirgendwo auch nur annähernd so etwas wie eine Tanzfläche zu geben.“
„Das liegt daran, dass es auch keine gibt. Wo Platz zum Tanzen sein sollte, ist jetzt eine offene Küche.“ Jamie hatte genug in Bars und Restaurants gearbeitet, um das Konzept zu erkennen. Er blickte in die Ecke der Zeichnung. Über der Maßstabsangabe und dem Namen des Architekten standen die Straße und der Ort des Projekts. So weit so gut. Doch dort stand nicht der Name seines Pubs. Was zum … Hemingway‘s International Grill.
„Deinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen“, Ian streckte sich, „ist dir das neu?“
Jamie tippte auf seinem Telefon herum, hielt es ans Ohr und nickte.
„Ist es so schlimm?“, fragte Jan.
„International“, murmelte Jamie. „Diese Stadt ist kein Ort für ein Franchiserestaurant.“
D.J. blickte von seinem Cousin zu seinem Bruder. „Ich nehme an, das ist nicht viel schlimmer als irisch.“
„Ernsthaft?“ Jamie starrte seinen Cousin an. Bevor er noch ein Wort sagen konnte, schaltete sich die Mailbox dazwischen. „Danke, dass Sie Crocker International angerufen haben …“
„Wie in Betty Crocker?“, fragte Ian mit großen Augen.
Jamie schüttelte den Kopf und murmelte: „Nicht verwandt.“ Die Aufnahme endete und der Piepton signalisierte, dass er jetzt sprechen konnte. Er hätte viel lieber persönlich mit Jeff Nimbus gesprochen, aber das musste reichen. „Jeff, hier spricht Jamison Farraday. Ich habe gerade die Blaupausen fürs The Public House erhalten und sie sind mit Hemingway‘s gekennzeichnet. Ruf mich an, wenn du eine Minute Zeit hast.“
„Beiß mir nicht den Kopf ab“, Ian streckte ihm die Hand entgegen, „aber gibt es einen Grund, warum ein Irish Pub besser in diese Stadt passt als ein Grillrestaurant?“
„Ein Irish Pub ist im Grunde nichts anderes als Abbies kleines Stadtcafé, nur mit Akzent. Und in unserem Fall lokalen Weinen und, wenn alles gut geht, Bieren und natürlich Tanzen. Pubs sind Kneipen für normale Menschen. Die Leute kennen sich. Männer trinken etwas und erzählen Geschichten, die seit Ewigkeiten in den Familien weitergeben werden. Jung und Alt treffen sich.“
Das ist ein gutes Argument.“ Adam zuckte mit den Schultern. „Wenn man Schnaps und Tanzen weglässt, klingt es sehr nach einem Café.“
„Natürlich ist es ein gutes Argument. Jede Kleinstadt in Irland hat ihr eigenes gut laufendes Pub. Dasselbe würde hier zutreffen, nur dass Tuckers Bluff nicht mehr so klein ist. Wir wachsen.“
„Mit all der Werbung, die das County für die umliegenden Geisterstädte, das Weingut, das die Bradys bewirtschaften, und das Krankenhaus in der Stadt gemacht hat, wachsen wir schneller als jede andere Kleinstadt in West-Texas. Und merkt euch meine Worte, wenn die Leute, die auf halbem Weg nach Butler Springs leben, die Wahl haben, werden sie hierher ins Pub kommen, um ein bisschen zu tanzen und ein oder zwei Drinks zu sich zu nehmen, anstatt den ganzen Weg nach Butler Springs zu fahren, um das Gleiche zu tun.”
D.J. legte seine Hand in seinen Nacken. „Ich gebe zu, wenn International das Codewort für ausgefallen und teuer ist, dann hat Jamie Recht. So einem Laden werden die Leute nicht die Türen eintreten.“
„Es ist sogar noch schlimmer.“ Jamie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und ließ dann seine Hand über seinen Nacken gleiten. „Könnt ihr euch die feinen Bürger von Tuckers Bluff beim Sushi-Essen vorstellen?“
„Sushi?“ Adams Stirn legte sich in Falten. „Was hat Hemingway mit Sushi zu tun?“
„Der Mann, nichts, aber das Restaurant serviert alles, was trendy ist. Sie haben ihren Sitz in Kalifornien und sind letztes Jahr nach Austin und Dallas expandiert. Sie richten sich an urbane Millennials.“ In seiner Hemdtasche summte sein Telefon. Als Jamison die Nummer erkannte, war er überrascht, so schnell eine Antwort von Nimbus zu erhalten. „Hallo.“
„Hey, ich war in einer Telefonkonferenz. Sind das nicht großartige Neuigkeiten?“
„Großartige Neuigkeiten?“
„Ja. Babcock Foods will bei uns einsteigen. Wir haben einen großartigen Deal ausgehandelt. Hemingway’s ist schwer in Mode.“
„In Los Angeles auf jeden Fall. Vielleicht sogar in Dallas, aber es passt nicht nach West-Texas.“
„Unsinn. Unsere Recherchen zeigen –“
„Du meinst meine Recherchen.“
„Nein, Jamison. Unsere Merchandising-Abteilung hat eine Marktanalyse durchgeführt. Deine Idee mit dem Pub ist gut.“
Besser als gut, aber es machte keinen Sinn, das jetzt zu wiederholen.
„Und ohne Babcock Foods hätten wir das auch durchgezogen. Aber Babcock hat sehr tiefe Taschen und mit dieser Allianz kann Crocker auf die Restaurantseite der Branche vordringen. Wenn Babcock ein Hemingway‘s in Tuckers Bluff haben will, werden sie es bekommen.“
Das war nicht gut. „Jemand muss dem Vorstand erklären, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist, um –“
„Es ist beschlossene Sache, Jamie. Kommenden Montag werden die Abschlusspapiere unterschrieben. Die Frage ist, ob du immer noch ein Teil davon sein willst?“
* * *
Von morgens bis abends auf den Beinen zu stehen, war Abbies Realität. Eine, mit der sie und ihre sündhaft teuren Schuhe vor sehr langer Zeit Frieden geschlossen hatten.
„Hier, trink das.“ Frank, der Koch, stellte ihr einen warmen Becher hin. „Es wird nicht viel für deine Füße tun, aber es wird deiner Stimmung helfen.“ Ein Mundwinkel des Mannes verzog sich zu einem frechen Grinsen. „Ich habe etwas von deinem Spezialvorrat hineingetan.“
Sie bewahrte immer eine Flasche Baileys unter der Theke auf, falls gelegentlich Kunden nach einem besonders harten Tag etwas Stärkeres in ihrem Kaffee brauchten. Sie selbst war nicht so sehr von dem Geschmack überzeugt, es sei denn, er war tief in etwas Schokoladigem vergraben, was Frank wusste. Es bedurfte nicht viel mehr als einen Spritzer, um den gewünschten Zweck zu erfüllen – sie zum Lächeln zu bringen.
Sich um sie zu kümmern, war im Laufe der Jahre zu einem festen Bestandteil von Franks Routine geworden. An manchen Tagen brauchte sie nicht so viel Pflege wie an anderen, aber sie schätzte es, schätzte ihn. Ein weiterer langsamer Schluck des schokoladigen Gebräus glitt ihr den Gaumen hinunter. „Genau das, was ich gebraucht habe.“
„Was du brauchst“, Frank trat zurück und stellte sich hinter den Grill, „ist ein freier Tag. Ein richtiger freier Tag. Oder zwei.“
Dies war weder das erste noch das letzte Mal, dass sie diesen Rat hörte. „Du klingst wie eine kaputte Schallplatte.“
„Das macht es nicht weniger wahr.“
„Sagt das der Stein, der ins Glashaus fliegt?“ Der Mann arbeitete jede Schicht mit ihr zusammen. Sie hatte versucht, einen Teilzeitkoch einzustellen, um Frank eine Pause zu verschaffen, aber das hatte den mürrischen Marine nur noch mürrischer gemacht als zuvor. Am Ende war er wieder der Alleinherrscher seines Küchenreichs.
Widerstrebend stellte sie die Tasse ab, nachdem sie einen weiteren Schluck genommen hatte, und genoss noch einen Moment länger die Entspannung. Der Ansturm zum Abendessen würde bald beginnen, und auch wenn Shannon, die Kellnerin der Abendschicht, ihren Job wirklich gut erledigte, musste Abbie aus der Küche raus und helfen.
„Du machst dir Sorgen, nicht wahr?“ Frank stellte gerade eine Bestellung zusammen und machte sich nicht die Mühe aufzublicken.
Sie blies auf das warme Getränk, obwohl es nicht mehr so heiß war. „Weswegen sollte ich mir Sorgen machen?“
„Du könntest dir auch eine Schanklizenz holen.“
„Das ist ein Café, kein Nachtclub.“ Außerdem ging das Gerücht um, dass der Stadtrat darüber nachdachte, die Anzahl der Schanklizenzen zu begrenzen, um Mabel Berkner bei Laune zu halten. Die Hingabe dieser Frau, das County trocken zu halten, hätte ihre abstinenten Vorfahren sehr stolz gemacht.
„Eine Tanzfläche würde nicht schaden. Zumindest eine kleine.“ Er klingelte, damit Shannon die Bestellung abholte.
Sie hatten dieses Gespräch schon ein paarmal geführt. Das erste Mal, als sich herumgesprochen hatte, dass hier in der Stadt ein Supper Club aufmachen sollte. Dann erneut, als in Tuckers Bluff per Bürgerentscheid die Ausgabe von Schanklizenzen beschlossen wurde, wodurch das County attraktiver für Konkurrenz wurde. Besorgt oder nicht, sie war fest entschlossen, das Café nicht zu verändern. Sie stieß sich von der Edelstahltheke ab, gegen die sie sich gelehnt hatte, und atmete kurz aus. Wenn sie nur die erschwerenden Umstände des Lebens ebenso einfach loswerden könnte, wie ihren verbrauchten Atem. „Das bringe ich raus.“
Frank hob sein Kinn, um über das glänzende Metall auf der Tellerablage vor sich zu sehen, blickte ihr in die Augen, aber sagte kein weiteres Wort. Das musste er auch nicht. Sie konnte die Sorge in seinen Augen sehen. Nicht, dass er einen Grund dazu hätte. Heute war es nicht anders als an jedem anderen Tag in den letzten Jahren. Nur in einer Sache hatte er recht. Sie war müde. Nicht nur von einer Sechseinhalbtagewoche nach der anderen. Es war die Art von Müdigkeit, die ein Herz vom Träumen abhielt, und nach all den Jahren wollte sie wieder träumen.
* * *
„Ich werde ehrlich sein.“ Jamies Onkel Sean rieb sich das Kinn. „Ich habe nie verstanden, warum du bei einer Idee, von der du so überzeugt bist, und bei der du die Hauptarbeit leistest, jemand anderen den größten Teil der Einnahmen einstreichen lässt.“
„Das ist einfach.“ Catherine, die Frau seines Cousins Connor, mischte sich ein. „Wegen Geld. Ein Restaurant zu bauen, wo vorher keines war, ist ein extrem teures Unterfangen. Man muss die Betriebskosten für mindestens sechs Monate aufbringen, bis der Kundenstamm so stark gewachsen ist, um die Kosten zu decken, ganz zu schweigen davon, Gewinne zu erzielen. Rücklagen für ein Jahr wären sogar noch besser. Und dann gehört in diesem Fall auch noch der Kauf der Immobilie dazu, naja …“
„Über wie viel Geld sprechen wir?“ Sein Cousin Finn, der jüngste der West-Texas-Farraday-Brüder, ließ seinen Knöchel über sein Knie fallen und nahm einen Schluck von seinem Bier.
„Nein.“ Jamie übersprang die Antwort der ursprünglichen Frage und ging direkt zur nächsten über, von der er wusste, dass sie kommen würde. Egal wie zuversichtlich er war, er würde nie das Geld seiner Familie aufs Spiel setzen. Aus diesem Grund hatte er seinen Verwandten in West-Texas nichts von dem Deal gesagt, bis er nur noch einen Katzensprung von der Unterzeichnung, der Beglaubigung und der Übergabe entfernt war.
„Ein Kauf ganz ohne Geld?“ Finns Frau Joanna setzte sich auf die Armlehne neben ihrem Mann und grinste Jamie an. Als Vollzeitautorin hatte die Frau einen interessanten Sinn für Humor – und Ironie – und konnte die Familie genauso gut aufziehen und ärgern wie die leiblichen Mitglieder des Farraday-Clans.
Tante Eileen stand von ihrem Platz auf dem Sofa neben seinem Onkel auf und ging zu Jamie hinüber. Als seine Tante diesen entschlossenen Ausdruck in ihren Augen bekam, wusste er, dass seine Chancen besser standen, am Verladetag durch einen Rinderpferch zu gehen, ohne auf einen Kuhfladen zu treten, als der Naturgewalt Eileen standzuhalten.
Als er sich in dem Raum umsah, dämmerte ihm, dass fast all seine Verwandten denselben Ausdruck auf ihren Gesichtern hatten. Ob sie als Farraday geboren oder angeheiratet waren. Als seine Cousins aus der Stadt und ihre Partnerinnen mitten in der Woche zu einem Familienessen erschienen waren, hätte ihm klar sein müssen, dass es bei dem Besuch um mehr ging als nur um warmes Essen und ein wenig moralische Unterstützung. Etwas anderes braute sich zusammen.
Tante Eileen legte ihre Hand auf seinen Unterarm. „Wir haben geredet.“
„Wann?“ Abgesehen von der Zeit, die es kostete, von der Stadt zur Ranch zu fahren, war Jamie den ganzen Abend bei seiner
Tante und seinem Onkel gewesen.
Sie zuckte mit den Schultern. „Ich nehme an, das Gespräch begann, als du zum ersten Mal erwähnt hast, dass du ein Pub in Tuckers Bluff eröffnen willst.“
„Ich dachte, du hättest den Verstand verloren.“ Onkel Sean kicherte. „Dann habe ich angefangen, den Gesprächen in der Stadt etwas genauer zuzuhören. Ich habe darauf geachtete, wie viele Leute nach Butler Springs fahren, um an einem Freitagabend essen zu gehen oder das Tanzbein zu schwingen. Es sind mehr als ich gedacht hatte, das kann ich dir sagen.“
Tante Eileen verdrehte die Augen, als sie ihren Schwager ansah. „Nur weil du ein Stubenhocker bist, heißt das nicht, dass der Rest der Welt das auch ist.“
„Seit wann ist es etwas Schlechtes, Familienmensch zu sein?“ Onkel Sean runzelte die Stirn.
„Auch Familienväter dürfen mal aus dem Haus gehen.“
„Ich gehe aus dem Haus.“
Tante Eileen winkte ihrem Schwager mit dem Finger zu und ihr Mund klappte auf. „Die Scheune gilt nicht als …“
Ein lautes Pfeifen durchbohrte die Luft und unterbrach das Gespräch. Finns Finger glitten von seinen Lippen. „Können wir uns bitte konzentrieren?“
Meg, Adams Frau, warf Finn ein breites anerkennendes Grinsen zu, bevor sie den unterbrochenen Gesprächsfaden wieder aufnahm. „Denkt nur an unseren allwöchentlichen Mädelsabend. Wir geben nicht nur Geld für Essen oder Unterhaltung aus, wenn wir nach Butler Springs fahren, sondern auch für Benzin. Allein die Spritkosten, ganz zu schweigen von der Zeitersparnis, würden eine Menge Leute in ein neues Nachtlokal bringen.“
D.J. beugte sich vor und stützte seine Unterarme auf seine Knie. „Ich gebe zu, ich war etwas besorgt darüber, was das für Abbie bedeuten würde. Ehrlich gesagt glaube ich, dass sie sich auch ein bisschen Sorgen macht, obwohl sie es nicht zugeben will. Aber Dad hat Recht. Diese Stadt und die Leute in der Nähe geben viel Geld aus, um bis nach Butler Springs zu fahren. Solange sich das Angebot von dem unterscheidet, was Abbie anbietet, denke ich, dass zwei Möglichkeiten zum Abendessen kein Problem darstellen werden.“
„Was ist mit Mittagessen?“, fragte Becky, D.J.s Frau.
Jamie schüttelte den Kopf. „Nicht rentabel.“ Obwohl er wegen der neuen Richtung, die Crocker einschlagen wollte, keine Ahnung mehr hatte, was die Absichten des Konzerns waren.
„Du schaust so finster drein.“ Tante Eileens Augenbrauen zogen sich zusammen, um sich seinen anzupassen. „Was denkst du?“
Seine jüngsten Bedenken über die Auswirkungen von Crockers möglichen neuen Plänen wollte er noch nicht weiter ausführen. An diesem Punkt musste er sich auf das konzentrieren, von dem er wusste, dass es funktionieren würde. „Zunächst wäre das Pub nur für verlängerte Wochenenden geöffnet. Donnerstag bis Sonntag. Kein Mittagessen. Keine großen Auswirkungen auf das Café.“
Mehr musste er nicht sagen. Mehrere Männer, die aus demselben Genpool stammten, rückten vor oder zurück, aber alle bissen die Zähne zusammen und nickten.
D.J. holte tief Luft. „Und es gibt keine Garantien, was die Geldgeber jetzt tun werden?“
Jamie schüttelte den Kopf. Er hätte es besser wissen müssen, als anzunehmen, dass er der Einzige im Raum war, der die Puzzleteile zusammensetzte. „Wenn sie den Deal nicht wie ursprünglich geplant durchführen, ist nicht abzusehen, was sie sonst noch tun oder nicht tun werden.“
„Ich bin nicht in der Immobilien- oder Restaurantbranche tätig“, Onkel Sean blickte zu seinem Neffen, „aber dieses Gebäude ist dieser Stadt ein Dorn im Auge und steht leer, seit der Futterladen vor fast zwei Jahrzehnten auf die andere Straßenseite verlegt wurde. Nicht viele Leute brauchen einen Gebäude dieser Größe, und der alte Jake Thomas verlangte von jedem, der Interesse zeigte, ein königliches Lösegeld. So wie ich es sehe, war er überhaupt nicht ernsthaft an einem Verkauf interessiert, bis du das Angebot vorgelegt hast.
In den Worten seines Onkels lag ein Körnchen Wahrheit. Jamie wusste mit Sicherheit, dass der alte Thomas das Gefühl hatte, er würde den Farradays etwas schulden, weil sie seinen Sohn vor dem Gefängnis bewahrt hatten. Wobei es natürlich auch am Timing gelegen haben könnte und der alte Mann langsam alle Immobilien abstoßen wollte, wie zuvor schon den Futterladen, den er an Grace‘ Ehemann verkauft hatte. Unabhängig davon, was auch immer der Grund für den Sinneswandel des alten Thomas war, Jamie war Feuer und Flamme gewesen. War Feuer und Flamme gewesen.
„Tatsächlich“, meldete sich Adam zu Wort, „geht das Gerücht um, dass der alte Mann ohne die Beteiligung eines Farradays nicht verkaufen wird.“
Das ließ Jamies Ohren aufhorchen. „Wo hast du das gehört?“
Grace‘ Ehemann Chase lächelte und hob einen Finger. „Ich habe vielleicht ein oder zwei Samen gesät, als ich heute Nachmittag mit Jake gesprochen habe. Ich erwähnte, dass ich verstehen könnte, dass es ihn stören würde, zu hören, dass Jamie erwägt, aus dem Projekt auszusteigen. Vielleicht sind die Worte die neuen Pläne sind zum Scheitern verurteilt gefallen, zusammen mit die Leute aus der Gegend vertrauen Fremden nur ungern, wenn niemand aus der Stadt sie unterstützt.“
„Nicht schlecht, Göttergatte.“ Grace beugte sich vor und küsste Chase auf die Wange. Sie wusste genau wie Jamie, dass das Vorhaben von Crocker auf Dauer immer niedrigere Gewinne einfahren würde. „Gar nicht schlecht.“
„Hey“, er strich ihr mit den Fingerknöcheln übers Kinn, „ich habe vielleicht das Leben an der Wall Street aufgegeben, aber das heißt nicht, dass ich vergessen habe, wie man dieses Spiel spielt.“
Spiel. Konnte er wirklich in Erwägung ziehen, was seine Familie für ihn arrangierte? Den Laden selbst zu kaufen? Sein einfaches Leben als Single hatte es ihm ermöglicht, etwas Geld zu sparen. Nichts genug, um eine Investition wie diese alleine zu tätigen, ansonsten hätte er sich nicht auf Geschäftsmanager für ein Unternehmens mit Crockers Erfolgsbilanzen eingelassen. Geschäftskredite hatte er als Option ausgeschlossen. Bei der Summe Geld, die er brauchte, könnte ein Darlehen lähmend wirken, wenn es darum ging, das Geschäft von Grund auf aufzubauen. Und selbst wenn er bereit wäre, diese Risiko einzugehen, bräuchte er mehr Sicherheiten. Und die hatte er nicht.
„Wusstest du, dass der alte Thomas einer Privatfinanzierung zugestimmt hat, als ich den Futterladen gekauft habe?“
„Ich würde das Gebäude darauf verwetten, dass die Banken bereit wären, dir das Geld für den Umbau zu leihen“, warf Meg ein. „Vielleicht habe ich sogar noch ein paar Verbindungen, die helfen können.“
Er hatte vergessen, dass sie früher ein Hotel und ein Restaurant geführt hatte, als sie noch in Dallas gelebt hatte. Trotzdem war die ganze Idee einfach verrückt. Selbst mit seinen Ersparnissen und einigen guten Verbindungen und einer Privatfinanzierung durch den alten Thomas, wäre das Gebäude als Sicherheit nicht sehr attraktiv.
„Nun, ich denke, in diese Stadt zu investieren, ist eine kluge Idee.“ Onkel Sean warf seinem Neffen einen strengen Blick zu. „Ich wäre bereit, für einen Anteil an dem Gebäude auszuhelfen, und ich denke, dein Vater ebenfalls.“
Ein paar Stimmen überschlugen sich mit Kommentaren, dass ihnen das Geld nur ein Loch in die Tasche brennen würde. Er wusste, dass sie nicht logen. Er hatte Ersparnisse und wusste, dass die Banken miserable Zinsen zahlten. Und er wusste auch, dass es nicht die Art der Farradays war, ihre Lebensersparnisse leichtfertig zu riskieren.
„Und bevor du denkst, das ist nur eine dumme Laune“, Onkel Sean winkte ihm mit dem Finger zu, „daran ist eine Bedingung geknüpft.“
„Bedingung?“ Er hatte nicht einmal zugestimmt, die Familie helfen zu lassen, und sein Onkel sprach bereits von Bedingungen.
„Lass mich raten.“ Adam sah zu seinem Vater. „Du willst dass das Lokal Farraday‘s heißt.“
„Nun, das macht Sinn.“ Tante Eileen schimpfte fast mit ihrem ältesten Neffen.
„Eigentlich“, Onkel Sean sprach Jamie direkt an, „braucht ein gutes Irish Pub einen guten irischen Namen.“
„Und Farraday‘s ist nicht irisch?“, murmelte Tante Eileen.
„Ich dachte an etwas Älteres“, Onkel Sean beugte sich vor, „O’Fearadaigh‘s.“
Timing war alles, und jetzt war die Zeit gekommen.
Bröckelnder Putz, Staub, Schimmel und abgestandene Luft vermischten sich und erzeugten den süßesten Geruch auf der Welt. Jamison Farraday umklammerte die Schlüssel zu dem alten Gebäude – einem Etablissement, das ganz ihm gehörte. Nun, nicht ganz ihm, aber er würde der Manager sein. Das Konzept, die Vorarbeit, die Pläne, das alles war von ihm. Genährt durch jahrelanges Beobachten, Lernen, Arbeiten und Sparen. Finanziert von einem der erfolgreichsten Konglomerate in der Bar- und Nachtclubbranche.
„Bist du dir hierbei ganz sicher?“ Ian, sein Bruder, und D.J., sein Cousin, schlugen sich mit den Armen durch Vorhänge aus Spinnweben und bahnten sich ihren Weg durch das verlassene Geschäft.
„Ich war mir in meinem ganzen Leben noch bei nichts so sicher wie bei dieser Sache.“
Ian lächelte seinen älteren Bruder an. „Wenn ich dich nicht besser kennen würde, hätte ich gesagt, dass du den Verstand verloren hast, aber ich schätze, das wird nicht das letzte Mal sein, dass du uns kurzsichtigen Sterblichen das Gegenteil beweist.“
Die Unterstützung seiner Familie zu haben, war wahrscheinlich der beste Grund, warum er es gewagt hatte zu träumen, Risiken einzugehen und sich bei jedem Job in der Branche den Hintern aufzureißen, bis er sicher war, dass er seinen großen Traum verwirklichen konnte. Ein familiäres Irish Pub.
„Du weißt, dass Mabel Berkner bereits eine Petition startet, um gegen den Entscheid zur Ausgabe von Schanklizenzen in diesem County Berufung einzulegen.“ D.J. wischte sich den Staub von den Händen. „Nicht, dass sie damit sehr weit kommen wird, aber sie ist nicht die Einzige in der Stadt, die sich dagegen sträubt.“
„Ich habe mit ein wenig Kritik gerechnet, aber bis wir hiermit fertig sind und eröffnen können, werden sich alle wieder beruhigt haben und ihrer normalen Arbeit nachgehen, falls die Kriminalitätsrate nicht wegen unseres“, Jamison legte einen starken Südstatten-Akzent auf, „üblen Einflusses über Nacht in die Höhe schießt.“
„Also, wie genau sehen deine Pläne?“ D.J. ging umher und betrachtete die freigelegten Dachsparren.
„Der Architekt, den wir für das Projekt ausgewählt haben, bringt gerade die letzten Änderungen zu Papier. Die endgültigen Pläne sollten jetzt jeden Tag fertig sein. Wenn alle Genehmigungen vorliegen, werden die Geldgeber nach der Absichtserklärung den nächsten Schritt einleiten und den endgültigen Vertrag mit Mr. Thomas unterschreiben. Dann dauert es nur noch ein paar Wochen, bis alles notariell beglaubigt wird. Ich kann es kaum erwarten, bis die Baufirma kommt. Alles reinigt und wiederaufbaut.“
„Ich kann es schon sehen.“ Ian blieb stehen, sah sich um und nickte. „Das kann ich wirklich. Rustikale Kiefernwände?“
Jamie nickte.
„Tanzfläche?“, fragte D.J..
Wieder nickte Jamie. Sein Lächeln zog sich weiter seine Wangen hinauf. Er hatte alles ausgearbeitet. Einschließlich einer Aufstellung der besten Craft-Biere in Texas. Ein Unternehmen, das kurz vor der Expansion stand, sprach sogar davon, hier, weg von der überfüllten Stadt, eine Brauerei zu eröffnen.
Ians Mundwinkel wölbten sich nach oben und legten die Grübchen frei, von denen alle Mädchen immer schwärmten. „Irische Musik?“
„Oh ja.“ Jamie grinste seinen Bruder an.
D.J. kicherte. „Wenn Onkel Brian dann nicht jedes Wochenende hier auftaucht und mit Dad singt, ist Saint Patrick kein Ire.“
„Ich zähle darauf, dass mehr Leute so denken.“ Jamison klopfte seinem Cousin auf den Rücken. „Ich wünschte, das ganze rechtliche Zeug wäre schon erledigt. Mir juckt es schon seit Monaten in den Fingern, mit der Arbeit zu beginnen, und jetzt ist alles so nah.“
„Konzept, Design und jetzt die Bauarbeiten, bevor sich die Türen überhaupt öffnen. Klingt, als würdest du bei diesem Projekt eine Menge Funktionen ausüben.“ Adam Farraday trat über die Schwelle. „Auf dem Weg zurück in die Klinik habe ich gesehen, dass die Tür offensteht. Schmeißt ihr ohne mich eine Party?“
„Daran würde ich nicht einmal denken“, antwortete Jamie und warf einen Blick auf die Versandhülse im Arm seines Cousins. „Was ist das?“
„Oh, Maggie von der Post hat mich gebeten, dir das zu geben.“
„Die Pläne.“ Jamie konnte die Verpackung nicht schnell genug öffnen.
Adam stand Schulter an Schulter neben seinem Bruder. „Für das Lokal?“
„Ja.“ Jamie hockte sich auf den Boden und entrollte die Pläne.
Sein Bruder schwebte hinter ihm. „Warum haben sie sie nicht einfach per E-Mail geschickt?“
„Ich weiß nicht.“ Jamie studierte die architektonische Darstellung. „Seltsam.“
„Du blickst so finster drein.“ Ian kam näher. „Was ist los?“
Jamie schüttelte den Kopf. Er musste sich die falschen Pläne ansehen. Er drehte die Zeichnung, um die Vorderseite des Ladens mit der Oberseite der Pläne auszurichten. Er irrte sich nicht. Nichts war so angelegt, wie es der Planungsausschuss und der Architekt ursprünglich besprochen hatten und wie er und die Geldgeber es vereinbart hatten. „Das sieht nicht einmal wie ein Pub aus.“ Er zeigte auf den hinteren Teil der Zeichnung. „Da sollte die Tanzfläche sein.“
„Ich bin kein Architekt“, D.J. beugte sich weiter vor, „aber es scheint in dieser Zeitung nirgendwo auch nur annähernd so etwas wie eine Tanzfläche zu geben.“
„Das liegt daran, dass es auch keine gibt. Wo Platz zum Tanzen sein sollte, ist jetzt eine offene Küche.“ Jamie hatte genug in Bars und Restaurants gearbeitet, um das Konzept zu erkennen. Er blickte in die Ecke der Zeichnung. Über der Maßstabsangabe und dem Namen des Architekten standen die Straße und der Ort des Projekts. So weit so gut. Doch dort stand nicht der Name seines Pubs. Was zum … Hemingway‘s International Grill.
„Deinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen“, Ian streckte sich, „ist dir das neu?“
Jamie tippte auf seinem Telefon herum, hielt es ans Ohr und nickte.
„Ist es so schlimm?“, fragte Jan.
„International“, murmelte Jamie. „Diese Stadt ist kein Ort für ein Franchiserestaurant.“
D.J. blickte von seinem Cousin zu seinem Bruder. „Ich nehme an, das ist nicht viel schlimmer als irisch.“
„Ernsthaft?“ Jamie starrte seinen Cousin an. Bevor er noch ein Wort sagen konnte, schaltete sich die Mailbox dazwischen. „Danke, dass Sie Crocker International angerufen haben …“
„Wie in Betty Crocker?“, fragte Ian mit großen Augen.
Jamie schüttelte den Kopf und murmelte: „Nicht verwandt.“ Die Aufnahme endete und der Piepton signalisierte, dass er jetzt sprechen konnte. Er hätte viel lieber persönlich mit Jeff Nimbus gesprochen, aber das musste reichen. „Jeff, hier spricht Jamison Farraday. Ich habe gerade die Blaupausen fürs The Public House erhalten und sie sind mit Hemingway‘s gekennzeichnet. Ruf mich an, wenn du eine Minute Zeit hast.“
„Beiß mir nicht den Kopf ab“, Ian streckte ihm die Hand entgegen, „aber gibt es einen Grund, warum ein Irish Pub besser in diese Stadt passt als ein Grillrestaurant?“
„Ein Irish Pub ist im Grunde nichts anderes als Abbies kleines Stadtcafé, nur mit Akzent. Und in unserem Fall lokalen Weinen und, wenn alles gut geht, Bieren und natürlich Tanzen. Pubs sind Kneipen für normale Menschen. Die Leute kennen sich. Männer trinken etwas und erzählen Geschichten, die seit Ewigkeiten in den Familien weitergeben werden. Jung und Alt treffen sich.“
Das ist ein gutes Argument.“ Adam zuckte mit den Schultern. „Wenn man Schnaps und Tanzen weglässt, klingt es sehr nach einem Café.“
„Natürlich ist es ein gutes Argument. Jede Kleinstadt in Irland hat ihr eigenes gut laufendes Pub. Dasselbe würde hier zutreffen, nur dass Tuckers Bluff nicht mehr so klein ist. Wir wachsen.“
„Mit all der Werbung, die das County für die umliegenden Geisterstädte, das Weingut, das die Bradys bewirtschaften, und das Krankenhaus in der Stadt gemacht hat, wachsen wir schneller als jede andere Kleinstadt in West-Texas. Und merkt euch meine Worte, wenn die Leute, die auf halbem Weg nach Butler Springs leben, die Wahl haben, werden sie hierher ins Pub kommen, um ein bisschen zu tanzen und ein oder zwei Drinks zu sich zu nehmen, anstatt den ganzen Weg nach Butler Springs zu fahren, um das Gleiche zu tun.”
D.J. legte seine Hand in seinen Nacken. „Ich gebe zu, wenn International das Codewort für ausgefallen und teuer ist, dann hat Jamie Recht. So einem Laden werden die Leute nicht die Türen eintreten.“
„Es ist sogar noch schlimmer.“ Jamie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und ließ dann seine Hand über seinen Nacken gleiten. „Könnt ihr euch die feinen Bürger von Tuckers Bluff beim Sushi-Essen vorstellen?“
„Sushi?“ Adams Stirn legte sich in Falten. „Was hat Hemingway mit Sushi zu tun?“
„Der Mann, nichts, aber das Restaurant serviert alles, was trendy ist. Sie haben ihren Sitz in Kalifornien und sind letztes Jahr nach Austin und Dallas expandiert. Sie richten sich an urbane Millennials.“ In seiner Hemdtasche summte sein Telefon. Als Jamison die Nummer erkannte, war er überrascht, so schnell eine Antwort von Nimbus zu erhalten. „Hallo.“
„Hey, ich war in einer Telefonkonferenz. Sind das nicht großartige Neuigkeiten?“
„Großartige Neuigkeiten?“
„Ja. Babcock Foods will bei uns einsteigen. Wir haben einen großartigen Deal ausgehandelt. Hemingway’s ist schwer in Mode.“
„In Los Angeles auf jeden Fall. Vielleicht sogar in Dallas, aber es passt nicht nach West-Texas.“
„Unsinn. Unsere Recherchen zeigen –“
„Du meinst meine Recherchen.“
„Nein, Jamison. Unsere Merchandising-Abteilung hat eine Marktanalyse durchgeführt. Deine Idee mit dem Pub ist gut.“
Besser als gut, aber es machte keinen Sinn, das jetzt zu wiederholen.
„Und ohne Babcock Foods hätten wir das auch durchgezogen. Aber Babcock hat sehr tiefe Taschen und mit dieser Allianz kann Crocker auf die Restaurantseite der Branche vordringen. Wenn Babcock ein Hemingway‘s in Tuckers Bluff haben will, werden sie es bekommen.“
Das war nicht gut. „Jemand muss dem Vorstand erklären, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist, um –“
„Es ist beschlossene Sache, Jamie. Kommenden Montag werden die Abschlusspapiere unterschrieben. Die Frage ist, ob du immer noch ein Teil davon sein willst?“
* * *
Von morgens bis abends auf den Beinen zu stehen, war Abbies Realität. Eine, mit der sie und ihre sündhaft teuren Schuhe vor sehr langer Zeit Frieden geschlossen hatten.
„Hier, trink das.“ Frank, der Koch, stellte ihr einen warmen Becher hin. „Es wird nicht viel für deine Füße tun, aber es wird deiner Stimmung helfen.“ Ein Mundwinkel des Mannes verzog sich zu einem frechen Grinsen. „Ich habe etwas von deinem Spezialvorrat hineingetan.“
Sie bewahrte immer eine Flasche Baileys unter der Theke auf, falls gelegentlich Kunden nach einem besonders harten Tag etwas Stärkeres in ihrem Kaffee brauchten. Sie selbst war nicht so sehr von dem Geschmack überzeugt, es sei denn, er war tief in etwas Schokoladigem vergraben, was Frank wusste. Es bedurfte nicht viel mehr als einen Spritzer, um den gewünschten Zweck zu erfüllen – sie zum Lächeln zu bringen.
Sich um sie zu kümmern, war im Laufe der Jahre zu einem festen Bestandteil von Franks Routine geworden. An manchen Tagen brauchte sie nicht so viel Pflege wie an anderen, aber sie schätzte es, schätzte ihn. Ein weiterer langsamer Schluck des schokoladigen Gebräus glitt ihr den Gaumen hinunter. „Genau das, was ich gebraucht habe.“
„Was du brauchst“, Frank trat zurück und stellte sich hinter den Grill, „ist ein freier Tag. Ein richtiger freier Tag. Oder zwei.“
Dies war weder das erste noch das letzte Mal, dass sie diesen Rat hörte. „Du klingst wie eine kaputte Schallplatte.“
„Das macht es nicht weniger wahr.“
„Sagt das der Stein, der ins Glashaus fliegt?“ Der Mann arbeitete jede Schicht mit ihr zusammen. Sie hatte versucht, einen Teilzeitkoch einzustellen, um Frank eine Pause zu verschaffen, aber das hatte den mürrischen Marine nur noch mürrischer gemacht als zuvor. Am Ende war er wieder der Alleinherrscher seines Küchenreichs.
Widerstrebend stellte sie die Tasse ab, nachdem sie einen weiteren Schluck genommen hatte, und genoss noch einen Moment länger die Entspannung. Der Ansturm zum Abendessen würde bald beginnen, und auch wenn Shannon, die Kellnerin der Abendschicht, ihren Job wirklich gut erledigte, musste Abbie aus der Küche raus und helfen.
„Du machst dir Sorgen, nicht wahr?“ Frank stellte gerade eine Bestellung zusammen und machte sich nicht die Mühe aufzublicken.
Sie blies auf das warme Getränk, obwohl es nicht mehr so heiß war. „Weswegen sollte ich mir Sorgen machen?“
„Du könntest dir auch eine Schanklizenz holen.“
„Das ist ein Café, kein Nachtclub.“ Außerdem ging das Gerücht um, dass der Stadtrat darüber nachdachte, die Anzahl der Schanklizenzen zu begrenzen, um Mabel Berkner bei Laune zu halten. Die Hingabe dieser Frau, das County trocken zu halten, hätte ihre abstinenten Vorfahren sehr stolz gemacht.
„Eine Tanzfläche würde nicht schaden. Zumindest eine kleine.“ Er klingelte, damit Shannon die Bestellung abholte.
Sie hatten dieses Gespräch schon ein paarmal geführt. Das erste Mal, als sich herumgesprochen hatte, dass hier in der Stadt ein Supper Club aufmachen sollte. Dann erneut, als in Tuckers Bluff per Bürgerentscheid die Ausgabe von Schanklizenzen beschlossen wurde, wodurch das County attraktiver für Konkurrenz wurde. Besorgt oder nicht, sie war fest entschlossen, das Café nicht zu verändern. Sie stieß sich von der Edelstahltheke ab, gegen die sie sich gelehnt hatte, und atmete kurz aus. Wenn sie nur die erschwerenden Umstände des Lebens ebenso einfach loswerden könnte, wie ihren verbrauchten Atem. „Das bringe ich raus.“
Frank hob sein Kinn, um über das glänzende Metall auf der Tellerablage vor sich zu sehen, blickte ihr in die Augen, aber sagte kein weiteres Wort. Das musste er auch nicht. Sie konnte die Sorge in seinen Augen sehen. Nicht, dass er einen Grund dazu hätte. Heute war es nicht anders als an jedem anderen Tag in den letzten Jahren. Nur in einer Sache hatte er recht. Sie war müde. Nicht nur von einer Sechseinhalbtagewoche nach der anderen. Es war die Art von Müdigkeit, die ein Herz vom Träumen abhielt, und nach all den Jahren wollte sie wieder träumen.
* * *
„Ich werde ehrlich sein.“ Jamies Onkel Sean rieb sich das Kinn. „Ich habe nie verstanden, warum du bei einer Idee, von der du so überzeugt bist, und bei der du die Hauptarbeit leistest, jemand anderen den größten Teil der Einnahmen einstreichen lässt.“
„Das ist einfach.“ Catherine, die Frau seines Cousins Connor, mischte sich ein. „Wegen Geld. Ein Restaurant zu bauen, wo vorher keines war, ist ein extrem teures Unterfangen. Man muss die Betriebskosten für mindestens sechs Monate aufbringen, bis der Kundenstamm so stark gewachsen ist, um die Kosten zu decken, ganz zu schweigen davon, Gewinne zu erzielen. Rücklagen für ein Jahr wären sogar noch besser. Und dann gehört in diesem Fall auch noch der Kauf der Immobilie dazu, naja …“
„Über wie viel Geld sprechen wir?“ Sein Cousin Finn, der jüngste der West-Texas-Farraday-Brüder, ließ seinen Knöchel über sein Knie fallen und nahm einen Schluck von seinem Bier.
„Nein.“ Jamie übersprang die Antwort der ursprünglichen Frage und ging direkt zur nächsten über, von der er wusste, dass sie kommen würde. Egal wie zuversichtlich er war, er würde nie das Geld seiner Familie aufs Spiel setzen. Aus diesem Grund hatte er seinen Verwandten in West-Texas nichts von dem Deal gesagt, bis er nur noch einen Katzensprung von der Unterzeichnung, der Beglaubigung und der Übergabe entfernt war.
„Ein Kauf ganz ohne Geld?“ Finns Frau Joanna setzte sich auf die Armlehne neben ihrem Mann und grinste Jamie an. Als Vollzeitautorin hatte die Frau einen interessanten Sinn für Humor – und Ironie – und konnte die Familie genauso gut aufziehen und ärgern wie die leiblichen Mitglieder des Farraday-Clans.
Tante Eileen stand von ihrem Platz auf dem Sofa neben seinem Onkel auf und ging zu Jamie hinüber. Als seine Tante diesen entschlossenen Ausdruck in ihren Augen bekam, wusste er, dass seine Chancen besser standen, am Verladetag durch einen Rinderpferch zu gehen, ohne auf einen Kuhfladen zu treten, als der Naturgewalt Eileen standzuhalten.
Als er sich in dem Raum umsah, dämmerte ihm, dass fast all seine Verwandten denselben Ausdruck auf ihren Gesichtern hatten. Ob sie als Farraday geboren oder angeheiratet waren. Als seine Cousins aus der Stadt und ihre Partnerinnen mitten in der Woche zu einem Familienessen erschienen waren, hätte ihm klar sein müssen, dass es bei dem Besuch um mehr ging als nur um warmes Essen und ein wenig moralische Unterstützung. Etwas anderes braute sich zusammen.
Tante Eileen legte ihre Hand auf seinen Unterarm. „Wir haben geredet.“
„Wann?“ Abgesehen von der Zeit, die es kostete, von der Stadt zur Ranch zu fahren, war Jamie den ganzen Abend bei seiner
Tante und seinem Onkel gewesen.
Sie zuckte mit den Schultern. „Ich nehme an, das Gespräch begann, als du zum ersten Mal erwähnt hast, dass du ein Pub in Tuckers Bluff eröffnen willst.“
„Ich dachte, du hättest den Verstand verloren.“ Onkel Sean kicherte. „Dann habe ich angefangen, den Gesprächen in der Stadt etwas genauer zuzuhören. Ich habe darauf geachtete, wie viele Leute nach Butler Springs fahren, um an einem Freitagabend essen zu gehen oder das Tanzbein zu schwingen. Es sind mehr als ich gedacht hatte, das kann ich dir sagen.“
Tante Eileen verdrehte die Augen, als sie ihren Schwager ansah. „Nur weil du ein Stubenhocker bist, heißt das nicht, dass der Rest der Welt das auch ist.“
„Seit wann ist es etwas Schlechtes, Familienmensch zu sein?“ Onkel Sean runzelte die Stirn.
„Auch Familienväter dürfen mal aus dem Haus gehen.“
„Ich gehe aus dem Haus.“
Tante Eileen winkte ihrem Schwager mit dem Finger zu und ihr Mund klappte auf. „Die Scheune gilt nicht als …“
Ein lautes Pfeifen durchbohrte die Luft und unterbrach das Gespräch. Finns Finger glitten von seinen Lippen. „Können wir uns bitte konzentrieren?“
Meg, Adams Frau, warf Finn ein breites anerkennendes Grinsen zu, bevor sie den unterbrochenen Gesprächsfaden wieder aufnahm. „Denkt nur an unseren allwöchentlichen Mädelsabend. Wir geben nicht nur Geld für Essen oder Unterhaltung aus, wenn wir nach Butler Springs fahren, sondern auch für Benzin. Allein die Spritkosten, ganz zu schweigen von der Zeitersparnis, würden eine Menge Leute in ein neues Nachtlokal bringen.“
D.J. beugte sich vor und stützte seine Unterarme auf seine Knie. „Ich gebe zu, ich war etwas besorgt darüber, was das für Abbie bedeuten würde. Ehrlich gesagt glaube ich, dass sie sich auch ein bisschen Sorgen macht, obwohl sie es nicht zugeben will. Aber Dad hat Recht. Diese Stadt und die Leute in der Nähe geben viel Geld aus, um bis nach Butler Springs zu fahren. Solange sich das Angebot von dem unterscheidet, was Abbie anbietet, denke ich, dass zwei Möglichkeiten zum Abendessen kein Problem darstellen werden.“
„Was ist mit Mittagessen?“, fragte Becky, D.J.s Frau.
Jamie schüttelte den Kopf. „Nicht rentabel.“ Obwohl er wegen der neuen Richtung, die Crocker einschlagen wollte, keine Ahnung mehr hatte, was die Absichten des Konzerns waren.
„Du schaust so finster drein.“ Tante Eileens Augenbrauen zogen sich zusammen, um sich seinen anzupassen. „Was denkst du?“
Seine jüngsten Bedenken über die Auswirkungen von Crockers möglichen neuen Plänen wollte er noch nicht weiter ausführen. An diesem Punkt musste er sich auf das konzentrieren, von dem er wusste, dass es funktionieren würde. „Zunächst wäre das Pub nur für verlängerte Wochenenden geöffnet. Donnerstag bis Sonntag. Kein Mittagessen. Keine großen Auswirkungen auf das Café.“
Mehr musste er nicht sagen. Mehrere Männer, die aus demselben Genpool stammten, rückten vor oder zurück, aber alle bissen die Zähne zusammen und nickten.
D.J. holte tief Luft. „Und es gibt keine Garantien, was die Geldgeber jetzt tun werden?“
Jamie schüttelte den Kopf. Er hätte es besser wissen müssen, als anzunehmen, dass er der Einzige im Raum war, der die Puzzleteile zusammensetzte. „Wenn sie den Deal nicht wie ursprünglich geplant durchführen, ist nicht abzusehen, was sie sonst noch tun oder nicht tun werden.“
„Ich bin nicht in der Immobilien- oder Restaurantbranche tätig“, Onkel Sean blickte zu seinem Neffen, „aber dieses Gebäude ist dieser Stadt ein Dorn im Auge und steht leer, seit der Futterladen vor fast zwei Jahrzehnten auf die andere Straßenseite verlegt wurde. Nicht viele Leute brauchen einen Gebäude dieser Größe, und der alte Jake Thomas verlangte von jedem, der Interesse zeigte, ein königliches Lösegeld. So wie ich es sehe, war er überhaupt nicht ernsthaft an einem Verkauf interessiert, bis du das Angebot vorgelegt hast.
In den Worten seines Onkels lag ein Körnchen Wahrheit. Jamie wusste mit Sicherheit, dass der alte Thomas das Gefühl hatte, er würde den Farradays etwas schulden, weil sie seinen Sohn vor dem Gefängnis bewahrt hatten. Wobei es natürlich auch am Timing gelegen haben könnte und der alte Mann langsam alle Immobilien abstoßen wollte, wie zuvor schon den Futterladen, den er an Grace‘ Ehemann verkauft hatte. Unabhängig davon, was auch immer der Grund für den Sinneswandel des alten Thomas war, Jamie war Feuer und Flamme gewesen. War Feuer und Flamme gewesen.
„Tatsächlich“, meldete sich Adam zu Wort, „geht das Gerücht um, dass der alte Mann ohne die Beteiligung eines Farradays nicht verkaufen wird.“
Das ließ Jamies Ohren aufhorchen. „Wo hast du das gehört?“
Grace‘ Ehemann Chase lächelte und hob einen Finger. „Ich habe vielleicht ein oder zwei Samen gesät, als ich heute Nachmittag mit Jake gesprochen habe. Ich erwähnte, dass ich verstehen könnte, dass es ihn stören würde, zu hören, dass Jamie erwägt, aus dem Projekt auszusteigen. Vielleicht sind die Worte die neuen Pläne sind zum Scheitern verurteilt gefallen, zusammen mit die Leute aus der Gegend vertrauen Fremden nur ungern, wenn niemand aus der Stadt sie unterstützt.“
„Nicht schlecht, Göttergatte.“ Grace beugte sich vor und küsste Chase auf die Wange. Sie wusste genau wie Jamie, dass das Vorhaben von Crocker auf Dauer immer niedrigere Gewinne einfahren würde. „Gar nicht schlecht.“
„Hey“, er strich ihr mit den Fingerknöcheln übers Kinn, „ich habe vielleicht das Leben an der Wall Street aufgegeben, aber das heißt nicht, dass ich vergessen habe, wie man dieses Spiel spielt.“
Spiel. Konnte er wirklich in Erwägung ziehen, was seine Familie für ihn arrangierte? Den Laden selbst zu kaufen? Sein einfaches Leben als Single hatte es ihm ermöglicht, etwas Geld zu sparen. Nichts genug, um eine Investition wie diese alleine zu tätigen, ansonsten hätte er sich nicht auf Geschäftsmanager für ein Unternehmens mit Crockers Erfolgsbilanzen eingelassen. Geschäftskredite hatte er als Option ausgeschlossen. Bei der Summe Geld, die er brauchte, könnte ein Darlehen lähmend wirken, wenn es darum ging, das Geschäft von Grund auf aufzubauen. Und selbst wenn er bereit wäre, diese Risiko einzugehen, bräuchte er mehr Sicherheiten. Und die hatte er nicht.
„Wusstest du, dass der alte Thomas einer Privatfinanzierung zugestimmt hat, als ich den Futterladen gekauft habe?“
„Ich würde das Gebäude darauf verwetten, dass die Banken bereit wären, dir das Geld für den Umbau zu leihen“, warf Meg ein. „Vielleicht habe ich sogar noch ein paar Verbindungen, die helfen können.“
Er hatte vergessen, dass sie früher ein Hotel und ein Restaurant geführt hatte, als sie noch in Dallas gelebt hatte. Trotzdem war die ganze Idee einfach verrückt. Selbst mit seinen Ersparnissen und einigen guten Verbindungen und einer Privatfinanzierung durch den alten Thomas, wäre das Gebäude als Sicherheit nicht sehr attraktiv.
„Nun, ich denke, in diese Stadt zu investieren, ist eine kluge Idee.“ Onkel Sean warf seinem Neffen einen strengen Blick zu. „Ich wäre bereit, für einen Anteil an dem Gebäude auszuhelfen, und ich denke, dein Vater ebenfalls.“
Ein paar Stimmen überschlugen sich mit Kommentaren, dass ihnen das Geld nur ein Loch in die Tasche brennen würde. Er wusste, dass sie nicht logen. Er hatte Ersparnisse und wusste, dass die Banken miserable Zinsen zahlten. Und er wusste auch, dass es nicht die Art der Farradays war, ihre Lebensersparnisse leichtfertig zu riskieren.
„Und bevor du denkst, das ist nur eine dumme Laune“, Onkel Sean winkte ihm mit dem Finger zu, „daran ist eine Bedingung geknüpft.“
„Bedingung?“ Er hatte nicht einmal zugestimmt, die Familie helfen zu lassen, und sein Onkel sprach bereits von Bedingungen.
„Lass mich raten.“ Adam sah zu seinem Vater. „Du willst dass das Lokal Farraday‘s heißt.“
„Nun, das macht Sinn.“ Tante Eileen schimpfte fast mit ihrem ältesten Neffen.
„Eigentlich“, Onkel Sean sprach Jamie direkt an, „braucht ein gutes Irish Pub einen guten irischen Namen.“
„Und Farraday‘s ist nicht irisch?“, murmelte Tante Eileen.
„Ich dachte an etwas Älteres“, Onkel Sean beugte sich vor, „O’Fearadaigh‘s.“