Jared: Du bist meine Hoffnung
Kapitel 1
„Was du brauchst, ist ein Mann.“
Eve Baron stand über ihr Präparat gebeugt. Ihr fiel die Pipette aus der Hand und zu Boden. Sie drehte den Kopf zu ihrer Assistentin. „Wie bitte?“
„Du arbeitest zu hart.“ Isabel Santorini war die beste Compounderin, die beste Assistentin, mit der Eve je zusammengearbeitet hatte. Der weiße Laborkittel verbarg kaum die Gothic-Garderobe der Frau mit den schweren Kampfstiefeln, die über den Linoleumboden polterten. Auch die Vielzahl an Ohrsteckern, die rabenschwarz gefärbten Haare und das auffällige Make-up ließen nicht erahnen, welch brillanter Kopf seit dem Tag, an dem sie in der Parfümerie angefangen hatte, an Eves Seite war. „Ich kann deine Anspannung immer spüren, sobald ich die Schwelle überschreite. Du brauchst eine Runde Bettsport.“
„Was ich brauche …“, Eve reichte Isabel eine Liste mit den Zutaten ihrer neuesten Kreation, „… ist, dass du diese zusammensetzt und mein Liebesleben unerwähnt lässt.“
„Würde ich gerne. Wenn du eines hättest.“ Isabel schaute mit einem breiten Grinsen auf. „Ein Liebesleben, meine ich.“
„Mit meinem Liebesleben ist alles in Ordnung, danke.“
Isabel stellte einen Teller mit Käse und frischem Obst vor sie. „Natürlich ist es das. Deshalb hast du auch die ganze Woche auf dem Sofa in deinem Büro geschlafen.“
Eve verdrehte die Augen. Aber die Frau hatte recht. Eve liebte ihre Arbeit, liebte es, ihre eigene Chefin zu sein. Seit sie die Kunst des Parfümmischens entdeckt und gemerkt hatte, dass sie darin verdammt gut war – besser als in der Herstellung von Klebemassen für Sicherheitsaufkleber –, hatte sie sich bemüht, ihre eigene Firma aufzubauen. Nun war es nicht ungewöhnlich, dass ihr bei der Arbeit an einem besonders bezaubernden Duft die Zeit davonlief und sie auf dem Sofa zusammenbrach. Das Gute daran war, dass die langen Arbeitstage sie davon abhielten, an grundlegende Dinge wie Essen zu denken, was dazu beitrug, dass sie immer noch dieselbe Kleidergröße trug wie in der Highschool. Als fürsorgliche Assistentin sorgte Isabel dafür, dass Eve wenigstens nicht verhungerte.
„Danke. Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich Hunger habe.“ Eve steckte sich einen Bissen Käse in den Mund.
„Für Essen oder Männer?“
„Hörst du wohl auf damit!“ Das Letzte, was Eve jetzt brauchte, war eine romantische Liaison.
„Ich meine es ernst. Vergiss das mit dem Bettsport. Wann hattest du das letzte Mal ein Date?“
„Vor zwei Wochen, bei der jährlichen Gala der Frauenhäuser.“
Eine pechschwarz angemalte Augenbraue wurde hochgezogen, und Isabel schürzte ihre kohlrabenschwarzen Lippen in bitterer Ablehnung. „Jack Preston zählt nicht. Auch wenn der Mann verdammt sexy ist, könnte er genauso gut dein Bruder sein. Weiß der Himmel, kein ehrbarer Mann wäre bereit, mit der jüngeren Schwester seines besten Freundes auszugehen. Schon gar nicht, wenn der Bruder ein Baron ist und zwei weitere Brüder hat, die ihm bei einer Schlägerei den Rücken stärken.“
Eve konnte dagegen nicht viel einwenden. Jack Preston, der College-Kumpel ihres Bruders Kyle, war schon seit einiger Zeit ihr bevorzugtes Date für Wohltätigkeitsveranstaltungen und Hochzeiten. Er sorgte für tolle Fotos, fütterte die Gerüchteküche, um die von ihr geförderten Wohltätigkeitsorganisationen in den Nachrichten zu halten, und wehrte unerwünschte männliche Goldgräber ab. Schade, dass er für die heutige Veranstaltung von Housing for Heroes nicht zur Verfügung stand. Der gesamte Abend war um ihre gemeinsame Spende mit einem großen Kosmetikunternehmen für die Namensrechte an einer neuen Duftkreation herum geplant. Alle erwarteten, dass die Spendenaktion ein voller Erfolg für die gemeinnützige Organisation werden würde, die so viel für in Not geratene Veteranen getan hatte. Zumindest heute Abend würden ihre Großeltern anwesend sein. Das war zwar nicht das Gleiche wie eine Begleitung an ihrem Arm, aber immerhin ein sicherer Hafen. Apropos, sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Fünfzehn Uhr. Wenn sie jetzt von hier abhauen würde, könnte sie dem leidigen Verkehr in Houston entkommen. Eines Tages würde sie ihre Firma aus der Innenstadt verlagern, ihr Stadthaus in den Heights verkaufen und sich in einem billigeren, weniger verkehrsreichen nördlichen Vorort niederlassen. Eines Tages.
Sie schob sich eine Weintraube und ein Stück Mozzarella in den Mund und nahm den Teller in die Hand, um auf dem Weg nach draußen weiter zu knabbern. „Danke für den Imbiss, aber ich muss mich beeilen, wenn ich zum Bankett heute Abend etwas anderes als meinen Laborkittel tragen will.“
Isabel nickte. Eve war schon fast aus der Tür, als ihre Assistentin ihr nachrief: „Wenn du einen heißen Junggesellen findest, nimm ihn mit nach Hause!“
* * *
Dass Pepper nach Hause humpelte, war die Krönung eines erbärmlich heißen und unproduktiven Tages. Wenn die heutigen Missgeschicke ein Hinweis darauf waren, wie der heutige Abend verlaufen würde, war Jared Gold in ernsthaften Schwierigkeiten.
„Oje!“ Er hatte zwar Beine, die so krumm waren wie der Bogen von St. Louis, aber es gab keinen Mann auf diesem Planeten, dem Jared seine Pferde mehr anvertrauen würde als Randy. „Was ist passiert?“
„Gute Frage. Wir waren kaum das erste kleine Stück auf der Ostweide geritten, als sie anfing, eine Seite zu bevorzugen. Ich stieg ab und untersuchte ihre Hufe, aber ich konnte nichts sehen. Ich vermute, dass sie eine Prellung hat. Bevor wir heute Morgen rausgegangen sind, habe ich ein paar Kieselsteine aus ihren Hufen entfernt, aber du weißt ja, wie das ist.“
Randy zog seine grauen Augenbrauen hoch. „Hast du deine Stiefel abgenutzt, als du mit ihr den ganzen Weg zurückgegangen bist?“
„So ungefähr.“ Jared tätschelte den Hals des Pferdes und kratzte sich unter dem Kinn. „Ich wollte kein Risiko eingehen.“
„Kluger Mann!“ Randy lächelte und griff nach den Zügeln. „Ich sehe sie mir mal an. Du gehst jetzt besser. Deine Mutter hat mich in der vergangenen Stunde dreimal angerufen und nach dir gefragt.“
„Verdammt!“ Jared schaute auf sein Handy. Fast siebzehn Uhr dreißig und zwei verpasste Anrufe von seiner Mutter. „Heute Abend ist diese blöde Gala. Ich habe Mom versprochen, dass ich für Dad einspringe.“
„Aber ist das nicht die Spendenaktion für den Bau von Heimen für in Not geratene oder behinderte Veteranen?“, fragte Randy.
Jared nickte.
„Für mich klingt das nicht blöd.“
„Nein.“ Jared stieß einen langen Seufzer aus. Da hatte er recht. Solange er denken konnte, war der Vorarbeiter der Ranch wie ein zweiter Vater für ihn gewesen. Jason Gold war ein großartiger Vater, hatte aber kein Interesse an der Ranch gehabt, die seiner Familie gehörte, seit Texas eine eigene Republik war. Alles, was Jared über Pferde und Viehzucht wusste, hatte er zuerst von seinem Großvater und dann von Randy beigebracht bekommen. Ein Mann und ein anständiger Mensch zu sein, hatte er sowohl von seiner leiblichen als auch von seiner Ranch-Familie gelernt. »Es ist eine gute Sache. Eine, für die ich gerne einen schönen Scheck ausstelle. Nur das Abendessen und das endlose oberflächliche Gequatsche sind eine blöde Art, einen Abend zu verbringen.“
„Verstehe.“ Randy war ein Cowboy durch und durch. Er würde eine Nacht im Smoking und mit Champagner nicht überleben. Aber so wie Jared sich im Moment fühlte, war er sich nicht sicher, ob er selbst eine Nacht als Pinguin verkleidet überstehen würde, um sich bei der gesellschaftlichen Elite von Houston einzuschmeicheln.
Jared übergab Randy sein Pferd und drehte sich in Richtung des Haupthauses. An dem Tag, an dem er seinen Abschluss an der Universität gemacht hatte, hatte ihm sein Vater die Schlüssel zur Haustür übergeben, alle buchhalterischen Unterlagen für die Ranch, einschließlich seines Namens auf allen Bankkonten, und war mit seiner Frau in ein bescheidenes, 4.000 Quadratmeter großes Haus inmitten eines zwei Hektar großen, bewaldeten Grundstücks in der Vorstadt gezogen. Sowohl seine Mutter als auch sein Vater waren nie glücklicher gewesen.
Sein nächster Gedanke war, wie schwer es sein würde, seine Mutter zu überreden, in letzter Minute einen Ersatz zu finden. Selbst sie würde verstehen, dass jeder Mensch erledigt wäre, nachdem er stundenlang zu Fuß mit einem lahmen Pferd über die Ranch gelaufen war. Von ihm zu erwarten, dass er sich schick machte und gesellig war, war unter diesen Umständen zu viel verlangt.
„Wurde auch Zeit.“ Kaum hatte sich die Haustür hinter ihm geschlossen, erschien seine Mutter im Eingang der Bibliothek. „Du gehst nicht an dein Telefon.“ Sie schnupperte in der Luft. „Und du brauchst eine Dusche. Eine lange Dusche.“ Trotz dieser Aussage marschierte sie direkt auf ihn zu und küsste ihn auf die Wange. „Wir wollen nicht zu spät kommen.“
Sie trug ein elegantes schwarzes Abendkleid, ihre Lieblingsohrringe aus Saphiren und Diamanten und eine dazu passende Halskette. Ihr Haar war hochgesteckt, sodass ihre funkelnden himmelblauen Augen gut zur Geltung kamen, und er erinnerte sich daran, wie aufgeregt sie gewesen war, als ihr einziger Sohn zugestimmt hatte, mit ihr auszugehen. Er brachte es einfach nicht übers Herz, ihr zu gestehen, wie müde er war. „Ich brauche noch ein paar Minuten.“
Ihr Blick wurde weicher, und sie legte sanft eine Hand auf seine Wange. „Anstrengender Tag?“
„Das kann man wohl sagen.“
Liebe und Besorgnis leuchteten in ihren Augen auf. „Was ist passiert?“
Er schüttelte den Kopf. „Ich musste Pepper nach Hause bringen. Sie humpelt.“
„Oje.« Ihre Miene verzog sich vor Sorge. Seine Mutter mochte zwar kein Mädchen vom Lande sein, aber ihre Gutherzigkeit erstreckte sich auf Tiere und Menschen gleichermaßen. Heute Abend war es eine Wohltätigkeitsgala für Veteranen, nächste Woche könnte es eine für streunende Katzen sein. „Nichts Ernstes, hoffe ich.“
„Das hoffe ich auch. Randy wird mir Bescheid sagen, aber im Moment würde mir eine lange heiße Dusche guttun.“
„Nimm ein Bad! Wir können uns ein wenig verspäten.“ Sie strich ihm wieder mit der Hand über die Wange.
Obwohl er ein erwachsener Mann war, der keine Streicheleinheiten brauchte oder wollte, konnte ihn die liebevolle Berührung seiner Mutter seltsamerweise immer noch beruhigen. Er wollte sie auf keinen Fall enttäuschen, indem er darum bat, den Abend ausfallen zu lassen. Wenn er Glück hatte, könnte er all den lästigen Leuten aus dem Weg gehen und den Abend einfach mit seiner Mutter genießen.
„Ich rufe nach Mary. Sie soll dir eine heiße Schokolade machen. Das ist gut für die Seele nach einem harten Tag.“ Mary war schon vor Jareds Geburt die Haushälterin der Ranch gewesen. Sie war der Familie Gold genauso treu ergeben wie ihrer eigenen.
„Danke, Mom.“ Er erwiderte ihr Lächeln und drückte sanft ihre Hand, dann ging er die Wendeltreppe hinauf zur großen Suite am Ende des Flurs. Vielleicht musste er die heiße Schokolade weglassen und stattdessen eine Kanne Kaffee trinken, sonst würde seine Mutter ihn heute Nacht schlafend in seinem Dessert finden. Vielleicht würde ein fünfzehnminütiger Nachmittagsschlaf helfen.
Auf seinem Bett liegend, die Augen geschlossen, wusste er nicht, ob er eingeschlafen war oder nicht, als ein Klopfen an seiner Zimmertür ertönte. „Herein!“
Die Tür ging auf, und Mary trug ein Tablett und lächelte ihn freundlich an. „Deine Mutter hat mich gebeten, dir eine heiße Schokolade zu bringen. Ich dachte, du magst vielleicht lieber Kaffee. Ich habe die ganze Kanne mitgebracht.“
„Gott sei Dank!“ Er richtete sich auf. Eines wusste er ganz genau, nämlich, dass dieses Haus ohne Mary nicht funktionieren würde. Allerdings war sie in die Jahre gekommen. Sie hatte vor ein paar Jahren ihren einzigen Sohn und ihre Schwiegertochter bei einem Autounfall verloren und zog nun ihren einzigen Enkel auf. An manchen Tagen dachte Jared, dass die Verantwortung, einen kleinen Jungen großzuziehen und für ihn zu sorgen, mehr war, als eine Frau in ihrem Alter auf sich nehmen sollte. Und dann gab es Zeiten, in denen er davon überzeugt war, dass Mary sie alle überleben würde. Zumindest heute Abend, mit der Kaffeekanne in der Hand, war sie seine Rettung. Hoffentlich würde der Konsum von ausreichend Kaffee seiner Mutter zuliebe ausreichen, um ihn von einem erschöpften Cowboy in einen charmanten Gala-Begleiter zu verwandeln.
„Was du brauchst, ist ein Mann.“
Eve Baron stand über ihr Präparat gebeugt. Ihr fiel die Pipette aus der Hand und zu Boden. Sie drehte den Kopf zu ihrer Assistentin. „Wie bitte?“
„Du arbeitest zu hart.“ Isabel Santorini war die beste Compounderin, die beste Assistentin, mit der Eve je zusammengearbeitet hatte. Der weiße Laborkittel verbarg kaum die Gothic-Garderobe der Frau mit den schweren Kampfstiefeln, die über den Linoleumboden polterten. Auch die Vielzahl an Ohrsteckern, die rabenschwarz gefärbten Haare und das auffällige Make-up ließen nicht erahnen, welch brillanter Kopf seit dem Tag, an dem sie in der Parfümerie angefangen hatte, an Eves Seite war. „Ich kann deine Anspannung immer spüren, sobald ich die Schwelle überschreite. Du brauchst eine Runde Bettsport.“
„Was ich brauche …“, Eve reichte Isabel eine Liste mit den Zutaten ihrer neuesten Kreation, „… ist, dass du diese zusammensetzt und mein Liebesleben unerwähnt lässt.“
„Würde ich gerne. Wenn du eines hättest.“ Isabel schaute mit einem breiten Grinsen auf. „Ein Liebesleben, meine ich.“
„Mit meinem Liebesleben ist alles in Ordnung, danke.“
Isabel stellte einen Teller mit Käse und frischem Obst vor sie. „Natürlich ist es das. Deshalb hast du auch die ganze Woche auf dem Sofa in deinem Büro geschlafen.“
Eve verdrehte die Augen. Aber die Frau hatte recht. Eve liebte ihre Arbeit, liebte es, ihre eigene Chefin zu sein. Seit sie die Kunst des Parfümmischens entdeckt und gemerkt hatte, dass sie darin verdammt gut war – besser als in der Herstellung von Klebemassen für Sicherheitsaufkleber –, hatte sie sich bemüht, ihre eigene Firma aufzubauen. Nun war es nicht ungewöhnlich, dass ihr bei der Arbeit an einem besonders bezaubernden Duft die Zeit davonlief und sie auf dem Sofa zusammenbrach. Das Gute daran war, dass die langen Arbeitstage sie davon abhielten, an grundlegende Dinge wie Essen zu denken, was dazu beitrug, dass sie immer noch dieselbe Kleidergröße trug wie in der Highschool. Als fürsorgliche Assistentin sorgte Isabel dafür, dass Eve wenigstens nicht verhungerte.
„Danke. Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich Hunger habe.“ Eve steckte sich einen Bissen Käse in den Mund.
„Für Essen oder Männer?“
„Hörst du wohl auf damit!“ Das Letzte, was Eve jetzt brauchte, war eine romantische Liaison.
„Ich meine es ernst. Vergiss das mit dem Bettsport. Wann hattest du das letzte Mal ein Date?“
„Vor zwei Wochen, bei der jährlichen Gala der Frauenhäuser.“
Eine pechschwarz angemalte Augenbraue wurde hochgezogen, und Isabel schürzte ihre kohlrabenschwarzen Lippen in bitterer Ablehnung. „Jack Preston zählt nicht. Auch wenn der Mann verdammt sexy ist, könnte er genauso gut dein Bruder sein. Weiß der Himmel, kein ehrbarer Mann wäre bereit, mit der jüngeren Schwester seines besten Freundes auszugehen. Schon gar nicht, wenn der Bruder ein Baron ist und zwei weitere Brüder hat, die ihm bei einer Schlägerei den Rücken stärken.“
Eve konnte dagegen nicht viel einwenden. Jack Preston, der College-Kumpel ihres Bruders Kyle, war schon seit einiger Zeit ihr bevorzugtes Date für Wohltätigkeitsveranstaltungen und Hochzeiten. Er sorgte für tolle Fotos, fütterte die Gerüchteküche, um die von ihr geförderten Wohltätigkeitsorganisationen in den Nachrichten zu halten, und wehrte unerwünschte männliche Goldgräber ab. Schade, dass er für die heutige Veranstaltung von Housing for Heroes nicht zur Verfügung stand. Der gesamte Abend war um ihre gemeinsame Spende mit einem großen Kosmetikunternehmen für die Namensrechte an einer neuen Duftkreation herum geplant. Alle erwarteten, dass die Spendenaktion ein voller Erfolg für die gemeinnützige Organisation werden würde, die so viel für in Not geratene Veteranen getan hatte. Zumindest heute Abend würden ihre Großeltern anwesend sein. Das war zwar nicht das Gleiche wie eine Begleitung an ihrem Arm, aber immerhin ein sicherer Hafen. Apropos, sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Fünfzehn Uhr. Wenn sie jetzt von hier abhauen würde, könnte sie dem leidigen Verkehr in Houston entkommen. Eines Tages würde sie ihre Firma aus der Innenstadt verlagern, ihr Stadthaus in den Heights verkaufen und sich in einem billigeren, weniger verkehrsreichen nördlichen Vorort niederlassen. Eines Tages.
Sie schob sich eine Weintraube und ein Stück Mozzarella in den Mund und nahm den Teller in die Hand, um auf dem Weg nach draußen weiter zu knabbern. „Danke für den Imbiss, aber ich muss mich beeilen, wenn ich zum Bankett heute Abend etwas anderes als meinen Laborkittel tragen will.“
Isabel nickte. Eve war schon fast aus der Tür, als ihre Assistentin ihr nachrief: „Wenn du einen heißen Junggesellen findest, nimm ihn mit nach Hause!“
* * *
Dass Pepper nach Hause humpelte, war die Krönung eines erbärmlich heißen und unproduktiven Tages. Wenn die heutigen Missgeschicke ein Hinweis darauf waren, wie der heutige Abend verlaufen würde, war Jared Gold in ernsthaften Schwierigkeiten.
„Oje!“ Er hatte zwar Beine, die so krumm waren wie der Bogen von St. Louis, aber es gab keinen Mann auf diesem Planeten, dem Jared seine Pferde mehr anvertrauen würde als Randy. „Was ist passiert?“
„Gute Frage. Wir waren kaum das erste kleine Stück auf der Ostweide geritten, als sie anfing, eine Seite zu bevorzugen. Ich stieg ab und untersuchte ihre Hufe, aber ich konnte nichts sehen. Ich vermute, dass sie eine Prellung hat. Bevor wir heute Morgen rausgegangen sind, habe ich ein paar Kieselsteine aus ihren Hufen entfernt, aber du weißt ja, wie das ist.“
Randy zog seine grauen Augenbrauen hoch. „Hast du deine Stiefel abgenutzt, als du mit ihr den ganzen Weg zurückgegangen bist?“
„So ungefähr.“ Jared tätschelte den Hals des Pferdes und kratzte sich unter dem Kinn. „Ich wollte kein Risiko eingehen.“
„Kluger Mann!“ Randy lächelte und griff nach den Zügeln. „Ich sehe sie mir mal an. Du gehst jetzt besser. Deine Mutter hat mich in der vergangenen Stunde dreimal angerufen und nach dir gefragt.“
„Verdammt!“ Jared schaute auf sein Handy. Fast siebzehn Uhr dreißig und zwei verpasste Anrufe von seiner Mutter. „Heute Abend ist diese blöde Gala. Ich habe Mom versprochen, dass ich für Dad einspringe.“
„Aber ist das nicht die Spendenaktion für den Bau von Heimen für in Not geratene oder behinderte Veteranen?“, fragte Randy.
Jared nickte.
„Für mich klingt das nicht blöd.“
„Nein.“ Jared stieß einen langen Seufzer aus. Da hatte er recht. Solange er denken konnte, war der Vorarbeiter der Ranch wie ein zweiter Vater für ihn gewesen. Jason Gold war ein großartiger Vater, hatte aber kein Interesse an der Ranch gehabt, die seiner Familie gehörte, seit Texas eine eigene Republik war. Alles, was Jared über Pferde und Viehzucht wusste, hatte er zuerst von seinem Großvater und dann von Randy beigebracht bekommen. Ein Mann und ein anständiger Mensch zu sein, hatte er sowohl von seiner leiblichen als auch von seiner Ranch-Familie gelernt. »Es ist eine gute Sache. Eine, für die ich gerne einen schönen Scheck ausstelle. Nur das Abendessen und das endlose oberflächliche Gequatsche sind eine blöde Art, einen Abend zu verbringen.“
„Verstehe.“ Randy war ein Cowboy durch und durch. Er würde eine Nacht im Smoking und mit Champagner nicht überleben. Aber so wie Jared sich im Moment fühlte, war er sich nicht sicher, ob er selbst eine Nacht als Pinguin verkleidet überstehen würde, um sich bei der gesellschaftlichen Elite von Houston einzuschmeicheln.
Jared übergab Randy sein Pferd und drehte sich in Richtung des Haupthauses. An dem Tag, an dem er seinen Abschluss an der Universität gemacht hatte, hatte ihm sein Vater die Schlüssel zur Haustür übergeben, alle buchhalterischen Unterlagen für die Ranch, einschließlich seines Namens auf allen Bankkonten, und war mit seiner Frau in ein bescheidenes, 4.000 Quadratmeter großes Haus inmitten eines zwei Hektar großen, bewaldeten Grundstücks in der Vorstadt gezogen. Sowohl seine Mutter als auch sein Vater waren nie glücklicher gewesen.
Sein nächster Gedanke war, wie schwer es sein würde, seine Mutter zu überreden, in letzter Minute einen Ersatz zu finden. Selbst sie würde verstehen, dass jeder Mensch erledigt wäre, nachdem er stundenlang zu Fuß mit einem lahmen Pferd über die Ranch gelaufen war. Von ihm zu erwarten, dass er sich schick machte und gesellig war, war unter diesen Umständen zu viel verlangt.
„Wurde auch Zeit.“ Kaum hatte sich die Haustür hinter ihm geschlossen, erschien seine Mutter im Eingang der Bibliothek. „Du gehst nicht an dein Telefon.“ Sie schnupperte in der Luft. „Und du brauchst eine Dusche. Eine lange Dusche.“ Trotz dieser Aussage marschierte sie direkt auf ihn zu und küsste ihn auf die Wange. „Wir wollen nicht zu spät kommen.“
Sie trug ein elegantes schwarzes Abendkleid, ihre Lieblingsohrringe aus Saphiren und Diamanten und eine dazu passende Halskette. Ihr Haar war hochgesteckt, sodass ihre funkelnden himmelblauen Augen gut zur Geltung kamen, und er erinnerte sich daran, wie aufgeregt sie gewesen war, als ihr einziger Sohn zugestimmt hatte, mit ihr auszugehen. Er brachte es einfach nicht übers Herz, ihr zu gestehen, wie müde er war. „Ich brauche noch ein paar Minuten.“
Ihr Blick wurde weicher, und sie legte sanft eine Hand auf seine Wange. „Anstrengender Tag?“
„Das kann man wohl sagen.“
Liebe und Besorgnis leuchteten in ihren Augen auf. „Was ist passiert?“
Er schüttelte den Kopf. „Ich musste Pepper nach Hause bringen. Sie humpelt.“
„Oje.« Ihre Miene verzog sich vor Sorge. Seine Mutter mochte zwar kein Mädchen vom Lande sein, aber ihre Gutherzigkeit erstreckte sich auf Tiere und Menschen gleichermaßen. Heute Abend war es eine Wohltätigkeitsgala für Veteranen, nächste Woche könnte es eine für streunende Katzen sein. „Nichts Ernstes, hoffe ich.“
„Das hoffe ich auch. Randy wird mir Bescheid sagen, aber im Moment würde mir eine lange heiße Dusche guttun.“
„Nimm ein Bad! Wir können uns ein wenig verspäten.“ Sie strich ihm wieder mit der Hand über die Wange.
Obwohl er ein erwachsener Mann war, der keine Streicheleinheiten brauchte oder wollte, konnte ihn die liebevolle Berührung seiner Mutter seltsamerweise immer noch beruhigen. Er wollte sie auf keinen Fall enttäuschen, indem er darum bat, den Abend ausfallen zu lassen. Wenn er Glück hatte, könnte er all den lästigen Leuten aus dem Weg gehen und den Abend einfach mit seiner Mutter genießen.
„Ich rufe nach Mary. Sie soll dir eine heiße Schokolade machen. Das ist gut für die Seele nach einem harten Tag.“ Mary war schon vor Jareds Geburt die Haushälterin der Ranch gewesen. Sie war der Familie Gold genauso treu ergeben wie ihrer eigenen.
„Danke, Mom.“ Er erwiderte ihr Lächeln und drückte sanft ihre Hand, dann ging er die Wendeltreppe hinauf zur großen Suite am Ende des Flurs. Vielleicht musste er die heiße Schokolade weglassen und stattdessen eine Kanne Kaffee trinken, sonst würde seine Mutter ihn heute Nacht schlafend in seinem Dessert finden. Vielleicht würde ein fünfzehnminütiger Nachmittagsschlaf helfen.
Auf seinem Bett liegend, die Augen geschlossen, wusste er nicht, ob er eingeschlafen war oder nicht, als ein Klopfen an seiner Zimmertür ertönte. „Herein!“
Die Tür ging auf, und Mary trug ein Tablett und lächelte ihn freundlich an. „Deine Mutter hat mich gebeten, dir eine heiße Schokolade zu bringen. Ich dachte, du magst vielleicht lieber Kaffee. Ich habe die ganze Kanne mitgebracht.“
„Gott sei Dank!“ Er richtete sich auf. Eines wusste er ganz genau, nämlich, dass dieses Haus ohne Mary nicht funktionieren würde. Allerdings war sie in die Jahre gekommen. Sie hatte vor ein paar Jahren ihren einzigen Sohn und ihre Schwiegertochter bei einem Autounfall verloren und zog nun ihren einzigen Enkel auf. An manchen Tagen dachte Jared, dass die Verantwortung, einen kleinen Jungen großzuziehen und für ihn zu sorgen, mehr war, als eine Frau in ihrem Alter auf sich nehmen sollte. Und dann gab es Zeiten, in denen er davon überzeugt war, dass Mary sie alle überleben würde. Zumindest heute Abend, mit der Kaffeekanne in der Hand, war sie seine Rettung. Hoffentlich würde der Konsum von ausreichend Kaffee seiner Mutter zuliebe ausreichen, um ihn von einem erschöpften Cowboy in einen charmanten Gala-Begleiter zu verwandeln.